Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Fünfter Band)

Wärme im Innern der Erde. 
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als jetzt; zweitens, daß die Temperatur im Innern auch jetzt noch 
in beträchtlichem Verhältnisse größer ist, als an der Oberfläche, so 
daß es den Anschein hat, als sey sie von einer ursprünglich hohen 
Temperatur ab langsam bis auf die jetzige Temperatur erkaltet, eine 
Erkaltung, die begreiflich die Oberfläche in einem viel beträchtlichern 
Grade treffen mußte, als die tiefern Theile. 
Die Beweise, daß die Erde in frühern Zeiten eine höhere eigen 
thümliche Temperatur besessen haben müsse, als in jetziger, liegen 
hauptsächlich in den Ueberresten von Vegetabilien und Thieren, welche 
in Gegenden gefunden werden, die gegenwärtig eine niedrigere Tem 
peratur haben, als zur Existenz dieser Geschöpfe erfoderlich ist. So 
findet man fossile Ueberreste von Elephanten, Rhinocerossen, Hyänen 
und andern Thieren heißer Klimate in hohen nördlichen Breiten, und 
wenn man auch von diesen annehmen könnte, daß ihre Knochen nach 
dem Tode in ferne Gegenden geführt worden seyen, eine Ansicht, 
der sich indeß Vieles entgegensetzen lassen würde, so gilt dies doch 
nicht von den in nördlichen Breiten vorgefundenen zum Theil sehr 
zarten Muscheln solcher Arten, die man jetzt nur unter südlichern 
Breiten antrifft, da diese die Bewegung eines stürmischen Oceans 
nicht ohne Nachtheil würden haben zu ertragen vermocht. Noch we 
niger aber würde eine solche Erklärungsart auf die wohlerhaltenen 
Ueberreste fossiler Pflanzen passen, die man namentlich in den Stcin- 
kohlenformationen nördlicher Gegenden gesunden hat, und welche, 
entweder zur Familie der Farrenkräuter oder palmenähnlichen Mono 
kotyledonen gehörig, sämmtlich solchen Pflanzen (Dracaena, Yucca, 
Pandamxs) ähnlich sind, welche zu ihrem Wohlbefinden viel Wärme 
und Feuchtigkeit verlangen. Selbst in mittlern Breiten giebt es un 
verkennbare Beweise, daß das Klima wenigstens auf den Spitzen 
der Berge rauher geworden ist, als es vorher war, wie dies u. a. 
durch die versteinerten Baumstämme erhellt, welche man auf dem 
Berge de Lans im Canton d'Oisins 2340 Fuß über derjenigen Höhe 
ausgräbt, auf welcher die nämlichen Species gegenwärtig wachsen^. 
Für den Umstand, daß die Erde auch jetzt noch in ihrem In 
nern eine bedeutend höhere Temperatur besitzt, als an ihrer Ober 
fläche, eine Temperatur, die nicht von äußern Einflüssen abgeleitet 
werden kann, sind zuvörderst verschiedene andeutende Gründe vor 
handen. Hieher kann man z. B. die vulkanischen Erscheinungen 
* Vcrgl. hiebei u. a. Brogniart über die Natur der Pflanzenwelt, welche 
in den verschiedene» Epochen der Bildung der Erdrinde ihre Oberfläche bedeckt 
hat, in Fror. Nor. XXIU. 97. — Brogniart zieht aus seinen Untersuchun 
gen als Resultat: 1) daß die freie Fläche der Erde nur Inseln oder zerstreute 
Archipele mitten in einem ungeheuren Ocean ohne große Festländer bildete; 2) daß 
die Temperatur dieser Inseln weit hoher war, als jcßt an irgend einem One der 
Erde, und daß, indem die fossilen Vegetabilien der ersten Periode überall fast die 
selben Charaktere zeigen, diese höhere Temperatur gleichförmiger auf der ganzen 
Oberfläche verbreitet gewesen seyn müsse.
	        
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