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Warme im Innern der Erde.
rechnen, bei denen es jedoch zweifelhaft ist, ob nicht vielmehr die
dabei zum Vorschein kommende große Hitze unter der obern Erd
rinde durch blos locale Zersetzungen entstehe. Etwas beweisender
sind die heißen Quellen; denn obgleich das Wasser derselben vielleicht
über vulcanischen Herden erwärmt wird, so weisen sie doch eine im
Innern der Urgebirge existirende, seit Jahrtausenden unerschöpfliche,
Wärmequelle nach. Auch sollen die gemeinen Quellen tiefern Ur
sprungs in nördlichen Gegenden etwas wärmer als die mittlere
Temperatur der Orte wo sie entspringen, an deren Oberfläche seyn.
Noch weit mehr Aufmerksamkeit scheint in dem angegebenen Bezüge
der Umstand zu verdienen, daß das Eis der Gletscher von unten her
aümalig verzehrt wird, eine Erscheinung, die schon de Luc und
Saussure bemerkten, und aus einer stets zuströmenden Erdwärme
erklärten. Ich weiß jedoch nicht, ob man hiebei den Umstand genug
berücksichtigt hat, daß die Theile der Erdoberfläche, welche den Glet
schern anliegen und Wärme von Außen mitgetheilt erhalten, durch
Seitenüberleitung Wärme an die unter den Gletschern befindlichen
Theile der Erdoberfläche überleiten können; so wie unstreitig eine auf
einer Metalloberfiäche liegende Eismasse ebenfalls von unten herauf
schmelzen würde, wenn man das Metall neben der Eismasse erhitzte.
Was jedoch mehr als alle diese Umstände für das Vorhanden-
scyn einer innern Erdwärme spricht, sind die thermometrischen Be
obachtungen, welche man in tiefen Schachten gemacht hat, und
welche sämmtlich auf eine mit der Tiefe zunehmende Erdwärme deu
ten *. Allerdings find in diesem Bezüge nicht alle Resultate, die
man angeführt hat, ohne Unterschied brauchbar, wie sogleich aus
dem Folgenden erhellen wird.
Wir wollen uns zunächst eine Grube vorstellen, der wir eine
beträchtliche Größe geben wollen, welche aus mehrern Etagen beste
hen möge, in die kein Wasser eindringen kann und welche hermetisch
verschlossen wurde, nachdem die Arbeiten in derselben aufhörten. Die
Lust wird hier offenbar die Temperatur des Gesteines annehmen, und
vorausgesetzt, daß die Wärme mit der Tiefe zunimmt, so würden
Luftströme von Unten nach Oben und von Oben nach Unten ent
stehen. Diese Strömungen werden desto verschiedener seyn, je leich
ter die Luft sich bewegen kann; sind aber die Verbindungskanäle eng
und haben dieselben viele Biegungen, so wird sich die Luft nur mit
Mühe bewegen, sie würde in den entferntesten Theilen der Stollen
fast gänzlich stagnixen, so daß hier die Temperatur der Luft sehr
nahe die des Gesteins wäre. So viel aber ist gewiß, das; die Wärme
der Luft in diesem und noch mehr im ersten Fall mit der des Felsens
nicht allgemein identisch ist.
* Mergl. über diese Beobachtungen die Zusammenstellung in Gehlcr's Wör
terbuch Hl. 971; ferner Cordicr in Schweigg. I. Hl. 265. (Seine eigenen
Resultate auch in Pogg. An». XIII. 363.) — An diesen beiden Orten ist zu
gleich die Literatur dieser Untersuchungen enthalten.