Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Fünfter Band)

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Temperatur der Erdrinde. 
Sicherer jedoch sind die Beobachtungen, welche man über die 
Temperatur des Gesteins und der unterirdischen Gewässer angestellt 
hat, Beobachtungen, die, auch wenn man alle mögliche äußere er 
wärmende Einflüsse berücksichtigt, dennoch ebenfalls unverkennbar 
auf eine mit der Tiefe zunehmende eigenthümliche Wärme der Erde 
deuten. 
Indem ich hinsichtlich des Ausführlichen der hieher gehörigen 
Beobachtungen auf die angezeigte Literatur verweise, begnüge ich 
mich, das allgemeine Resultat, welches Cordier durch Vergleichung 
fremder und eigener Beobachtungen gezogen hat, nebst einigen Bei 
spielen anzuführen. 
Die Zunahme der unterirdischen Warme mit der Tiefe befolgt 
nicht allenthalben dasselbe Gesetz; sie kann in einem Lande die dop 
pelte, sogar die dreifache von der in einem andern seyn, und diese 
Unterschiede stehen in gar keiner Beziehung mit der geographischen 
Breite oder Länge, sind öfters sogar bei nahe an einander gelegenen 
Gruben nicht unbeträchtlich, was indeß vielleicht von localen modi- 
flciirenden Umständen abhängt 
Nach Beobachtungen im Keller der Pariser Sternwarte beträgt 
die zu einer Wärmezunahme von 1 Grad erfoderliche Tiefe 28 Meter, 
nach Beobachtungen von Fox in der Grube Dolcoath in Cornwallis 
30 Meter, nach Beobachtungen von Trebra in der Grube Beschert 
Glück in Sachsen 46 Meter, und in der Grube die Alte Hoffnung 
Gottes 51 Meter. 
Bei allen diesen Beobachtungen muß freilich berücksichtigt wer 
den, daß dieselben sich immer nur auf eine in dem Verhältniß zu den 
Dimensionen der Erde sehr kleine Tiefe erstrecken; und daß aus ihnen 
auf ein Gesetz, wie die Warme mit der Tiefe zunimmt, um so weniger 
geschlossen werden kann, da die Beobachtungen selbst bei verbältniß- 
mäßig nahe liegenden Orten so sehr von einander in der Größe der 
Wärmezunahme abweichen, und blos in der Thatsache der Zunahme 
selbst übereinstimmen. Wenn aber wirklich das Gesetz der beobach 
teten Wärmezunahme sich in größere Tiefen forterstreckt, so erhellt, 
welche ungeheure Hitze im Innern der Erde vorhanden seyn muß, 
welche dann unstreitig bei Entstehung der vulkanischen Erscheinungen 
und warmen Quellen wesentlich mit im Spiele ist. In der That 
würde für eine fortgehende Zunahme der Warme für eine Tiefe von 
30 Meter um 1° C. folgen, daß, den Schmelzpunct des Gußeisens 
zu 2000O 6« angenommen, die Erde in einer Tiefe von 48,5 geo 
graphischen Meilen schon diese Hitze habe. 
Temperatur der Erdrinde* ** ^. — Es ist schon erörtert 
worden, daß die Erdrinde bis zu einer gewissen Tiefe eine mit den 
* Bergt. Pogg. Ann. XHI. 367. 
** Bergt, hiezu Gchlers Wörterb. HI. 986. — Lcop. von B» ch Bemer 
kungen über Quellenteinperatur in Pogg. Ann. XU. 403. — Erina n Wärme 
des Bodens in Königsberg in Pogg. XI. 297.
	        
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