Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Fünfter Band)

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Undulatlonssysteni. 
aber so klein sind, und so schnell mit der Entfernung abnehmen, 
daß sie in jeder, eine physische Schatzung noch zulassenden, Entfer 
nung schon aufhören, merklich zu seyn. Diese nämliche Analyse 
aber, welche das Verhalten der Lichtwellen allen ihren besonderen 
Umstanden nach mit solcher Genauigkeit und Vollständigkeit darstellt, 
giebt keinen Erklärungsgrund für die Erscheinung der Zerstreuung; 
oder alles in ihr widerspricht vielmehr einer solchen Erscheinung, 
woraus gegen das Undulationssystem ein neuer um so erheblicherer 
Einwurf zu entnehmen ist, mit je mehr Schärfe und Vollständigkeit 
die Analyse, welche diese Erscheinung nicht unter sich zu befassen 
vermag, geführt ist Poisson giebt bei Berechnung der Zurück- 
werfung noch einen andern Umstand an, auf den das Undulations- 
system hinführt, und den die Erfahrung nicht nachweist; er bemerkt 
jedoch, daß der Mangel an Uebereinstiinmung in dieser letzter» Hin 
sicht verschwinden könnte, wenn man den besondern Zustand der bei 
den Mittel in den, nahe an ihrer gemeinschaftlichen Oberfläche besind- 
lichen, Schichten in Betracht zöge, so daß sich hieraus kein positiver 
Einwurf ziehen läßt. Poisson hat diese Analyse auch auf die Be 
rechnung der, von einem homogenen Lichts gebildeten, Farbenringe 
angewandt, wobei er jeden derselben nicht als durch Abwechslungen 
der Zurückweisung und des Durchgehens, welche das Licht auf der 
zweiten Oberfläche der dünnen Schicht erfährt, hervorgebracht ansähe, 
wie dies in dem Emanationssysteme geschieht, sondern durch die 
gleichzeitige Rückkehr der Wellen in das Auge, welche auf den bei 
den Oberflächen der dünnen Schicht in entgegengesetzten Phasen undu- 
latorischer Bewegung zurückgeworfen werden, wovon wir sogleich das 
Nähere sehen werden, wenn wir auf die sogenannten Erscheinungen 
* Die Zerstreuung des Lichts nach der Wellcnthcorie läßt sich nur unter der 
Voraussetzung erklären, daß in den brechenden Mitteln die Wellen von verschie 
dener Länge sich nicht mit gleicher Geschwindigkeit fortpflanzen, oder mit andern 
Worten, daß sie nicht in demselben Verhältniß verkürzt werden. Dieser Umstand 
ist cs, womit dic Resulcate Poisson's über die Fortpflanzung der Schallwellen 
in elastischen Mitteln von verschiedener Dichte in Widerspruch zu stehen scheinen. 
Indeß muß man bemerken, daß seine allgemeinen Formeln aus einer Hypothese 
beruhen, die zwar für die Schallwellen ganz zulässig ist, aber vielleicht für die 
Lichtwcllen, die mehrere tausendmal kürzer als die Schallwellen sind, ihre An 
wendbarkeit verliert, ans der nämlich, daß jede unendlich dünne Schicht des 
Fluidums nur von der sie berührenden Schicht zurückgestoßen werde und daß also 
die beschleunigende Kraft sich, in Bezug aus die Länge einer Undulatio», nur auf 
unendlich kleine Entfernungen erstrecke. Es wäre sehr möglich, daß der Wirkungs 
kreis der accclcrircndcn Kraft, welche die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts 
in einem brechenden Mittel bedingt, oder die gegenseitige Abhängigkeit der Theil- 
chcn, aus denen dieses besteht, sich ans Entfernungen erstreckte, die nicht unend 
lich klein sind gegen die Länge der Lichtwcllen. 
In der That lehrt die Mechanik, daß in diesem Fall die längeren Wellen 
bei ihrem Durchgänge durch dichte Mittel weniger verzögert oder verhältnißmaßig 
weniger verkürzt, folglich auch weniger gebrochen werden müssen, als die kürzer» 
Wellen, tvic mit der Erfahrung übcreinstimint. Daher ist jener Widerspruch nicht 
für absolut zu achten. (Pegg. Anu. XU. 216.)
	        
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