Full text: Entwürfe zu Kirchen im spitzbogigen Baustyle ([Neuntes Heft])

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‚Weniger glücklich, wie ich ‚offen bekenne, war ich dagegen in Die um diese Zeit am politischen Horizont aufsteigenden Kriegs- 
meinem literarisch - architektonischen Streben, — wolken, welche so viele Fremde in der Nähe des Rheins veranlassten, die 
Zur Fortsetzung eines selbstständigen literarisch-architekt. Wirkens, dortige Gegend zu verlassen, bewogen auch mich, besonders.meiner Familie 
so wie zur Herstellung meiner angegriffenen Gesundheit selbst , hielt ich es wegen, den liebgewonnenen Aufenthalt in dem freundlichen Cannstadt zu 
daher für angemessen, dem wiederholten Rathe meines Arztes nachzugeben verlassen und den eigentlichen heimathlichen Fluren und Mitteln mich zu 
und eine Wohnungsveränderung vorzunehmen. nähern und dabei Weimar zum neuen Aufenthalte zu wählen. Das 8. und 
Ich wählte daher vom Herbste 1835 ab Dresden zu meinem Wohn- 9. Heft m. Beitr, z. Darst. e. r. Baust. sind hier zur Stuude die Früchte 
orte. Die Herausgabe des Tempel Salomonis, ingl. die vier ersten Hefte meiner Arbeit. 
meines Beitrags zur Darstellung eines reinen Baustyls, sind die Ergebnisse Da meine Gesundheit sich jetzt wieder gut gestellt hat, so hoffe 
meiner dortigen Beschäftigung; wobei ich zugleich auch den Stich der be- ich auch noch weiterhin , sowohl in eigenen Prodüctionen als in kritischen 
treffenden Kupferplatten, mittelst einer mir dazu unmittelbar erworbenen Beurtheilungen*) für meine literarischen Freunde thätig und vielleicht auch 
Manier selbst besorgte. Dankbar erkenne ich hier gern noch die mehr- für das Ziel meines allgemeinen Strebens, worunter ıch besonders auch die 
fachen Beweise von gütiger Theilnahme an, welche ich von dem Staats- Beförderung eines reinen Baustyls rechne, wirksam sein zu können. Wohl 
minister von Lindenau daselbst erhalten habe. sehe ich zwar dabei recht gut ein, dass durch diey bisherigen oder durch 
Im Jahr 1838 veranlasste mich theils meine leidende Gesundheit, die beabsichtigten ferneren kritischen Beurtheilungen **) die Anerkennung 
theils die beabsichtigte Herausgabe eines liter. kritischen Blattes, theils meiner eigenen architekt. Leistungen für den Augenblick eben nicht be- 
endlich die Erzielung einer geeigneten Buchhandlung für den ferneren Ver- fördert wird, da Rückwirkungen bekanntermassen gewöhnlich um so mehr 
trieb meiner Arbeiten selbst, eine Reise nach Stuttgart zu unternehmen, einzutreten pflegen, als die beurtheilte Sache von „dem Hauche der 
Meine Gesundheit besserte sich hier und in dem benachbarten Badeorte Wahrheit‘ berührt worden ist. Es soll mich dieses jedoch nicht verhin- 
Uannstadt, unter der Leitung des geschickten Ober-Amtsarztes Trittsch- dern, wo ich es in dem Interesse der Kunst für nöthig halte, meine Ansicht 
ler, wesentlich. Die Idee zu einem kritischen Blatte gab ich jedoch um oder die bisherigen Grundsätze » namentlich immer nur die Sache im Auge 
so lieber auf, als ich durch den thätigen Betrieb meiner neuen Buchhandlung zu behalten, zu verändern, oder gar verleiten, jenem, leider auch bei der 
(Weise & Stoppani) genügende Beweise der öffentlichen "Theilnahme für Baukunst sich eingeschlichenem charlatanen Treiben des Tages, der gegen- 
meine Arbeiten erhielt, und es nun vorzog, auch fernerhin etwaige kritische seitigen Lobhudelei, dem besonders landsmannschaftl. Cliquenwesen etc., 
Ansichten den Heften von meinen architektonischen Arbeiten beizufügen. wodurch die Kunst und das Publikum gewöhnlich nur betrogen wird, bei- 
Meine Arbeitsthätigkeit selbst erstreckte sich hier bis zum Herbste 1840 auf zutreten; — ich werde vielmehr auch bei meinem ferneren architektonischen 
die neuen vermehrten Ausgaben des Tempel Salomonis, ingl. der zwei Streben nach bestem Wissen und Gewissen meinem Wahlspruch: Nur 
Hefte meines Beitrags zur speciellen Darstellung des spitzbog. Baustyls. Wahrheit, treu verbleiben, und im Uebrigen der Hoffnung leben, dass 
ferner der Entwürfe und des Stichs des 5. — 7. Heftes meines Beitrags z wenn nur sonst meine Sache gut ist, diese auch früher oder später ihre ver- 
Darst. eines reinen Baustvls. diente allgemeine Anerkennung erhalten wird. 
Weimar, im März 1842. 
Ernst Kopp. 
*) Als nächste Arbeit denke ich eine Fortsetzung zu den zwei Heften m. Beitr. z. speciellen Darstellung des spitzbogigen Baustyls zu geben, wobei besonders auch das 
Nähere der einzelnen Theile von meinen bisherigen Entwürfen im Spitzbogenstyle mit berücksichtigt werden soll. 
‘*) Ich erlaube mir hier noch einige Worte gegen vernommene Unterstellungen bezüglich der Beurtheilung von Schinkel’schen Productionen beizufügen. Es kann 
Niemand die Verdienste, welche Schinkel um die Baukunst sich erworben hat, mehr anerkennen und schätzen als ich, Auch habe ich bei einer zufälligen persönlichen 
Berührung mit demselben in Erfurt keine Veranlassung erhalten, die mich hätte verstimmen können, vielmehr könnte ich davon, sowohl in humaner als in künst- 
lerischer Beziehung genügende Beweise — deren nähere Berührung meinem etwaigen Biographen überlassen sein soll — des Gegentheils anführen, Ferner möge be- 
merkt sein, dass ich weder Schinkeln selbst noch anderwärts, wo seine Stellung vielleicht hätte influiren können, jemals mit einer Bitte oder Unternehmen für mich, 
behelligt habe, Wenn ich aber demungeachtet die Schinkelschen Arbeiten zunächst mit kritisch berührte, so geschah dieses lediglich als Folge der sich mir von seinen 
künstlerischen Leistungen ergebenen Gesammtansicht: dass Schinkel, und zwar vorzugsweise durch seine geniale Produktivität, in dem Decorativen und Ornamentalen, 
so wie in der Einführung einer gewissen, zwar schon ausserwärts vorhandenen Einfachheit in der Anordnung der Gebäudeformen und in der Genauigkeit der Aus- 
führung der Details selbst, sich auf der einen Seite wesentliche und bleibende Verdienste um die Baukunst erworben hat; dass dagegen aber auch das nachtheilige 
Gewicht für die Baukunst auf der anderen Seite, welches Schinkel dadurch mit veranlasst hat, dass er sein Malertalent viel zu viel auf seine architektonischen Ar- 
beiten hat influiren lassen, oder mit andern Worten: dass er an die Stelle einer gewissen ruhigen architektischen Ueberlegung, besonders für Zweckerfüllung und 
reinen Styl, zu viel Malerpoesie hinzu gefügt hat, — nicht leicht ist, Da nun aber nach meiner Ansicht das Wesentliche und das Besserwerden der Baukunst über- 
haupt vorzüglich mit in einem reinen, auf geometrische Grundsätze hbasirten Style und nicht im Decorativen oder im Eklektisiren der verschiedenen Stylformen zu 
suchen ist, so scheint es mir besonders für jeden unabhängigen Sachverständigen Pflicht, näher auf die Sache einzugehen , — und wobei dann, um ein solches Unter- 
nehmen erfolgreicher zu stellen, natürlich bei dem Meister des nicht zu billigenden Systemes oder der Manier anzufangen ist, 
Gleiche Ansichten haben mich auch bezüglich Klenze’s, bei welchem mir noch jede nähere technische oder persönliche Berührung abgeht, geleitet: was 
übrigens hier unbeschadet aller Hochachtung, die ich sonst für denselben heze, bemerkt sein soll.
	        
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