Full text: Die Lawinen der Schweizeralpen

145 
Wo im höheren Norden die Gebirgsrücken unbewaldet sind, 
theilt mir Herr Middendorf, Ehrenmitglied der Akademie der 
Wissenschaften von St. Petersburg, mit, da fegen die Stürme den 
Schnee von allen freien Stellen in Klüfte und Thäler hinein, wo er 
in klafterhohe Lagen unter dem Einflüsse der Sonnenwärme zu jener 
Masse der sogenannten Eisthäler und Aufeis-Massen sich umbildet, 
welche im IV. Band feiner sibirischen Reise beschrieben sind. 
Im Kaukasus ist, nach Mittheilungen des Herrn Staatsrath 
Abich, das Auftreten der Lauinen ein beschränktes und finden erheb 
liche Stürze eigentlich nur innerhalb des Bereiches der tiefsten Ein 
sattlung der centralen Hauptkette statt, da, wo auch die stärkste 
Verwitterung und Steilstellung des Schiefergebirges sich vorfindet. 
Eine Ausnahme macht die kaukasische SüdsÄte, das Schiefergebirge 
des nordwestlichen Ostasiens. 
Am größten ist die Lauinengefahr auf der obersten Stufe des 
Terek-Hochthales, zwischen dein Gutgorapasfe (2425 111 ü. M.) und der 
Station Kobi, auf der kaukasischen Nordfeite (2003°*). 
In Verbindung mit den Abrutschungen von Schutt und Trümmern 
und den Steinfchlägen, welche durch das ganze wilde Thal bis über 
die Danielschlucht (1256 m ) hinaus fortwirken, sind es die Lauinen 
in der Kobischlucht, welche der Offenhaltung des einzigen fahrbaren 
Verbindungsweges zwischen Trans- und Ciskaukasien, mit Beginn 
jeden Frühjahrs, die größten Schwierigkeiten bereiten. Selten vergeht 
ein Jahr, daß nicht in demselben Reisende, Straßenaufseher, Soldaten 
oder Arbeiter ihren Tod finden. 
Seit Besitznahme des Kaukasus durch Rußland wurde gegen 
diese Gefahren und Hemmung des Verkehrs mit Aufwendung 
bedeutender Kosten angekämpft und haben sich schließlich, nach vielen 
vergeblichen Versuchen die Galerien, wie wir sie in unseren Alpen 
besitzen, als das zweckmäßigste Schutzmittel erwiesen. Vorläufig 
behilft man sich hauptsächlich mit Holzkonstruktionen. 
Coaz, Lauincn der Schweizeralpen. 
10
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.