Full text: Die Lawinen der Schweizeralpen

sie auf ihrem Weg antrifft, mit sich fort. Die schlvereren Schneetheile 
bewegen sich mehr oder weniger dem Boden nach in die Tiefe, 
während die feinen Schneekryställchen in Form einer Schneewolke 
in die Luft hinausstieben und wie Staub nur allmälig sich endlich 
in der Gegend niedersetzen. 
Durch diese fallende Schneewolke wird die Luft sehr stark 
zusammengepreßt und strömt als Orkan der Lauine voraus zu Thäte, 
von letzterer jählings verfolgt und zu beschleunigter Flucht immer 
mehr angetrieben. Wird der Strom durch Verengungen des Thales 
gestaut, so ist sein Druck um so mächtiger und sein Durchzug durch 
die Thalenge um so gewaltiger, zerstörender; ganze Waldungen 
unterliegen dann seiner Wucht, oft selbst auf große Entfernungen 
an gegenüber liegenden Bergseiten *). 
Die frostige Windsbraut schießt mit ihren gewaltigen weißen 
Fittichen mit solch' rasender Schnelligkeit aus ihrem hohen Winter 
horste in die Tiefe, daß der Wanderer beim kaum gebornen Flucht- 
gedanken von ihr schon erfaßt, sein Bewußtsein erstickt und sein 
Körper in den Falten ihres Schneegewandes zu Grabe gelegt ist. 
Die Zerstörung, welche durch die Schneemasse der Lauine 
angerichtet wird, ist im Vergleich zu derjenigen des durch sie erzeugten 
Luftstromes unbedeutend, der Schnee ist zu leicht, durch den Fall 
zu sehr vertheilt, zu wenig massig. Es kommt deßhalb auch vor, 
daß er durch lichte Waldungen hindurch dringt, ohne erheblich zu 
schaden, während der Lauinensturm über dieselben hinwegbranst; 
Gebäulichkeiten, welche im Bereich der Lauinen liegen und hinreichend 
widerstandsfähig sind, werden durch die kleinsten Ritzen der Thüren 
und Fenster mit Schneestaub angefüllt. 
Solche Lauinen nennt man Stau blauinen, nach bent Schnee 
staub , aus dem sie bestehen. Im Italienischen heißen sie nach der 
*) Romanisch heißt diese Luftströmung Büff. Der Schneestaub wird im 
Prätigau (Bünden) Dunst genannt; auch sagt man dort, es hat „gelauenet."
	        
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