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Aehnlich verhält es sich mit dem Hochwang bei Chur, wo die
Seiten der Schichtköpfe, westlich, in ungemein schroffen, felsigen
Wänden gegen das Rheinthal abfallen, rvährend die Schichtseiten,
östlich, im Balzeinathal, meist in grasreichen Weiden und Wiesen
sich zum Schrankenbach senken. Allerdings vermögen die zahlreichen
Lauinen in den westseitigen, schutterfüllten, unfruchtbaren Töbeln
keinen erheblichen Schaden anzurichten.
Stark in der Verwitterung begriffene Gebirge, wie namentlich
der Flyfch, Bündner- und Glimmerschiefer, sind der Bildung von
Lauinen weit günstiger als festes Gestein.
Ueber den Einfluß der Gebirgsformationen und ihrer Schichtungs
verhältnisse cnlf die Lauinenbildung werden wir klarere Einsicht erhalten,
wenn die begonnene Lauinenstatistik und die Lauinenkarten der gesannnten
Schweizeralpen einmal vollendet sein werden. Jedenfalls haben aber
obige Verhältnisse einen weit größeren Einfluß auf die Bildung der
Grundlauinen als der Staublauinen.
Sehr gefährlich sind steile Schichtseiten mit vielem Quell- und
Sickerwasser, indem dasselbe die Bodenoberfläche immer feucht und
fchlipfrig erhält, so daß der Schnee zum Abrutschen gezwungen wird.
Gefriert das Wasser, so findet der fallende Schnee auf der Eisfläche
keinen besseren Halt.
Ist eine Bergseite felsig und dabei sehr steil, so rutscht der
Schnee, wenn er eine gewisse Höhe erreicht hat, schon in Folge
Mangels an innerem Zusammenhang ab, besonders wenn er trocken
ist. Am selben Tage können dann bei anhaltendem Schneewetter eine
Menge Lauinen von der gleichen Fläche gehen, die aber ihrer geringen
Schneemasse wegen nicht weit hinunterstürzen und von geringer
Wirkung sind.
In fast senkrechten Felswänden vermag sich der Schnee beim
Schneien nur aus den kleinen Gesimsen und Bändern anzusetzen, der
übrige findet erst am Fuße der Wände eine Lagerstätte.