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Als ich den 13. Juli im Postwagen durch die Schneegalerie
fuhr, war dieselbe noch 30 m lang; das Schmelzwasser strömte von der
Decke und den Wänden herunter. An den beiden Enden der Galerie
mußte der, dem Falle nahe, firndichte Schnee von Zeit zu Zeit weg-
gehauen werden, um Umglück vorzubeugen.
Der letzte Rest der Galerie wurde zur Sicherheit den 9. August
abgetragen; er hätte noch etwa acht Tage zu halten vermocht. Der
Lauinenkegel schmolz im Sommer 1876 nicht mehr völlig zusammen;
erst den 22. Juni des folgenden Jahres 1877 war dessen letzte
Spur verschwunden. Zwei beiliegende Lithographien geben ein Bild
der beiden Enden der Galerie und eine dritte des Lauinenkegels
am Inn.
Daß Lauinenkegel von solch' bedeutenden Dimensionen sich
auch in tiefern Gegenden anhäufen, belegt derjenige, der sich am
24. Dezember 1878 zlvischen Bouveret und St. Gingolph, am
Genfersee (Wallis), gebildet hatte.
Nach einer Mittheilung des Hrn. Forstinspektor cke Torrentö
stürzte sich die Lauine von Chaumeny von der Nordseite des Gram-
mont über die Landstraße und die, im Bau begriffene Eisenbahn in
den See, wo ihr Kegel 10™ unter und 3 m über Wasser lag. Die
Länge des Lauinenkegels betrug 300™. Um den Verkehr wieder
herzustellen, wurde ein Durchstich von 7™ Höhe und 62™ Länge nöthig.
Es gibt enge Hochthäler, deren Thalsohlen im Frühling mit
Lauinenschnee vollständig bedeckt sind, so daß der Thalbach gar nicht
oder nur an einzelnen Stellen sichtbar ist. Ein solches Thal ist das
12 km lange Unteralpthal ob Andermatt (Uri) und das wegen seiner
Lauinen berüchtigte, 2 km lange Val Tremola an: Gotthard, in dem
noch letzten Winter vier Postpferde zu Grunde gingen; die Reisenden
konnten gerettet werden.
Am 28. Juli des Jahres 1872, als ich mich zur Einweihung
der Schutzhütte begab, welche die „Rhätia", Sektion des schweizeri
schen Alpenvereins, an der Quelle des Hinterrhein hatte erbauen