Full text: Die Lawinen der Schweizeralpen

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Mit der topographischen Aufnahme eines Theils des Unter 
engadins beschäftigt, hatte ich mit meinem Diener, von Uina dadoura 
aus, den Piz Cornet (3033™), oben am Vadred Lischanna, erstiegen. 
Wir wollten wieder zurück zu den kleinen Seen von Rims. Es war 
ein schwüler Tag, das Waten im durchtränkten Schnee höchst müh 
sam, deßhalb der steile Schneehang gegen die Mulde von Rims zu 
einer Rutschpartie sehr verführerisch. Der Hang war aber so steil, 
daß ich das Wagniß zunächst allein, ohne den Diener, der das 
Meßinstrument trug, versuchen wollte. Stehend war das Hinunter 
rutschen der Steilheit und der Weiche des Schnees wegen unmöglich; 
ich setzte mich also hin und fuhr, aus die schon so häufig geübte 
Weise hinunter. 
Es ging anfangs vortrefflich. Ich gewahrte indeß bald in der 
Richtung meiner Fahrt einen Felskops aus dem Schnee hervorstehen 
und wollte anhalten, um seitwärts auszuweichen. Die Schnelligkeit 
meiner Bewegung war aber so groß und der Schnee so weich, daß 
ich mit den Beinen tief in den Schnee fuhr und dann den Hang 
hinunterkollerte. Zugleich hatte sich eine Lauine gelöst. 
Ohne die Geistesgegenwart zu verlieren, suchte ich meinen Körper 
in die Längsrichtung zum Hang zu bringen, um eher anhalten zu 
können. Diese Wendung gelang mir zwar, aber nun flog ich in 
weiten Bogen über den Hang bis in die Ebene hinunter, immer 
jedoch an der Oberfläche der Lauine mich erhaltend. 
Zum Glück war mir die Spitze der Lauine vorausgeeilt und 
hatte das Steingeröll (Moräne) am Fuße des Gletschers bedeckt, so 
daß ich keinen Schaden nahm. 
Sobald ich zum Stillstand gekommen war, sprang ich aus, um 
meinem Diener, der dem ganzen Vorgang angstvoll zugesehen hatte, 
zu zeigen, daß Alles gut abgelaufen sei, mld deutete ihm umzugehen, 
was er wohl auch ohnedem gethan hätte. 
Nun griff ich an die Taschen — Alles war weg, die Schwung 
kraft hatte sie geleert und auch die Uhr war mit der Kette entflogen.
	        
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