Verhältniss der Anziehung zur Stromstärke.
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Aus einem Vergleich dieser Curven mit den von Müller erhaltenen 1 )
muss ich jedoch schliessen, dass diese hier sich zeigenden Abweichungen
nicht wie v. Feilitzsch sagt, durch den hervortretenden Sättigungs
zustand bewirkt sind. Wie schon vorn bemerkt, tritt die Sättigung bei dün
neren Stäben viel früher hervor, als bei sehr starken. Hier müsste aber
der fast 5 / 4 ’' starke Eisenkern bei derselben Stromstärke die Sättigung merk
bar werden lassen als der 1 / 2 " starke. Dies ist nach allen Erfahrungen,
besonders aber nach denen Koosen’s, durchaus unmöglich. Koosen
hat bei Anwendung einer Stromstärke von 60° Ablenkung an der Tangenten
bussole an einem 1" dicken Stabe noch keine Sättigung beobachtet, und
meine Versuche haben dies auch bestätigt. Nun kann aber die von
v. Feilitzsch angewandte Stromstärke, welche er mit 4,96 bezeichnet, ent
schieden nicht 60° gewesen sein, weil alsdann bei der doppelt so grossen
(8,5) sicherlich die Bespinnung seines Spiraldrahtes, welcher 1,75 mm
Durchmesser hatte, heruntergebrannt wäre. Der bei meinen Versuchen
angewandte mit Seide besponnene Kupferdraht ist nämlich ohne die Be
spinnung l,4 mm dick, und ich bemerke an demselben schon Erwärmung,
wenn die Nadel der Tangentenbussole 45° zeigt, so dass ich kaum wage,
den Strom bis auf 60 0 Ablenkung zu erhöhen.
Aus diesen Gründen halte ich es für wahrscheinlich, dass bei den obigen
Versuchen noch an keinem der Stäbe Sättigung hervortritt, sondern dass
eine constante Fehlerquelle die hier vorhandene gleichmässige, aber nur
geringe Abweichung herbeigeführt habe.
Das Gesetz von Lenz und Jakobi würde viel weniger Werth haben,
als es in der That hat, wenn die Sättigung bei so starken Stäben schon so
früh bemerkbar wäre.
Bedenkt man in Bezug auf die durch die Sättigung herbeigeführte
Beschränkung des Gesetzes, dass dieselbe bei einem über starken
Stabe unter den gewöhnlich zur Anwendung kommenden Fällen gar nicht
hervortritt, so kann -man entschieden das Gesetz festhalten:
„Der freie Magnetismus ist der Stromstärke proportional.“
§• 5.
Verhältniss der Anziehung zur Stromstärke.
.4. Anziehung der geraden Stabelektromagnete.
1. Unter Anziehung verstehen wir die Kraft, mit welcher ein Magnet
ein Stück weiches Eisen hält, wenn dasselbe die Polfläche des Magneten nicht
J ) Pogg. Ann. 79 p. 338, und 82 p. 183; siehe Abschnitt III. §§. 2 und 6.