Analogie magnetischer Kreise mit verschiedenartigen Stromkreisen. 193
§ 123. Streuung — Magnetische Nebenschlüsse. Obige Be
hauptungen werden dadurch nicht entkräftet, dass man in einigen
Fällen bei der Anwendung eines dem Ohm’ sehen nachgebildeten
Gesetzes auf magnetische Kreise ungefähr richtige Resultate er
halten hat. Namentlich kann dies zutreffen, solange die Perme
abilität des Ferromagnetikums im Vergleich zu derjenigen des um
gebenden indifferenten Raumes, d. h. zur Einheit, sehr gross ist,
Es wird in vielen Fällen gleichgültig sein, ob die Permeabilität
z. B. den Werth 200 oder 2000 aufweist; beide Zahlen sind so
gross, dass die praktischen Resultate dadurch nicht wesentlich
berührt werden; dagegen wird die Giltigkeit des Ohm’sehen Ge
setzes dadurch offenbar wohl beeinträchtigt.
Die Abweichungen werden um so stärker hervortreten, je mehr
die Permeabilität des Ferromagnetikums abnimmt, d. h. je mehr
die magnetische Intensität wächst. Nehmen wir einen Augenblick
diskussionshalber die unbedingte Richtigkeit der Analogie eines
magnetischen Kreises mit einer, in einen Elektrolyten getauchten,
Volta’sehen Säule an (§ 112). Das Abnehmen der Permeabilität
und ihre allmähliche Annäherung an den Werth Eins (§ 14) würde
dann sein Analogon darin finden müssen, dass die Leitfähigkeit
der Säule irgendwie herabgedrückt würde und sich der geringeren
Leitfähigkeit der umgebenden Flüssigkeit immer mehr näherte.
Offenbar würde dann der elektrische Strom sich mehr in den
Elektrolyten verbreiten; d. h. die Stromlinien würden sich immer
mehr aus der Säule in den Elektrolyten zerstreuen. Nach der
angenommenen Analogie hat man nun bisher meistens geschlossen,
dass die Streuung der Induktionslinien im magnetischen Kreise
ebenfalls bei wachsender Intensität unter allen Umständen zu
nehmen müsse, dass also auch die Streuungskoefficienten grös
sere Werthe annehmen müssen.
Dies ist aber im Widerspruch mit den Thatsachen. Wir
haben bereits (§ 88) darauf hingewiesen, dass nach den Versuchen
Lehmann’s beim gleichförmig peripherisch magnetisirten, radial
geschlitzten Toroid die Streuung schliesslich ab nimmt. Dieser
Versuch ist der jetzt besprochenen Auffassung gegenüber gewisser-
massen als »experimentum crucis« zu betrachten. Wir haben dann
(§ 90) jene Abnahme durch das Kirchhoff’sehe Sättigungsgesetz in
Verbindung mit dem tangentialen Brechungsgesetz der Induktions
linien erklärt. Indessen lassen sich leicht elektromagnetische
du Bois, Magnetische Kreise. 13