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I. Theil. Theorie.
§ 8. Ferromagnetikum und Interferrikum. Anders bei einer
geringen Anzahl Substanzen, welche in dieser Hinsicht eine Aus
nahmestellung beanspruchen. Der in ihnen inducirte magnetische
Zustand ist seinem Werthe nach demjenigen des von ihnen ausge
füllten Raumes nicht proportional; er hängt sogar ausser von diesem
auch noch von der Art und Weise ab, wie die Substanzen in ihren
augenblicklichen Zustand gelangt sind. Ihre »magnetische Vor
geschichte« übt auf ihr Verhalten einen Einfluss, welcher vor
wiegend durch diejenigen jüngsten Zeitabschnitte bedingt wird,
welche der betrachteten Gegenwart am nächsten liegen. Der mag
netische Zustand solcher Körper bleibt gewissermaassen hinter seiner
Ursache, der ihn inducirenden magnetischen Intensität, zurück.
Man bezeichnet daher heute die Gesammtheit der hierher gehöri
gen Erscheinungen mit dem Namen Hy st ere sis (von varegéco,
Zurückbleiben) 1 ).
Die überhaupt historisch zuerst beobachtete Erscheinung der
magnetischen Remanenz, welche früher meist als Ausgangspunkt
aller Betrachtungen diente, ist nur ein besonderer Fall von Hy-
steresis, wie ja der Name schon andeutet. In diesem Sinne auf
gefasst, ist sie als ein Zurückbleiben der Wirkung früherer, unter
Umständen Jahrtausende lang erloschener, Ursachen zu betrachten.
Durch die erwähnten Eigenschaften unterscheiden diese Sub
stanzen sich principiell von der grossen Gesamtheit aller anderen,
ohne dass man bisher für dieses absonderliche Verhalten irgend
einen stichhaltigen Grund hätte auffinden können. Sie werden
daher einer besonderen Gruppe, der ferromagnetischen, zu
gezählt 2 ). Da überdies ihre magnetischen Eigenschaften sich in
besonders hervorragender Weise äussern, sind sie seit den ältesten
Zeiten beobachtet worden; ihre eingehendere experimentelle Er
1) Ihre Kenntnis verdankt man vorwiegend den Forschungen
Warburg’s und Ewing’s.
2) Von manchen Autoren werden die Bezeichnungen »paramag
netisch« und »ferromagnetisch« ziemlich unterschiedlos angewandt. Bis
auf Weiteres dürfte es jedoch besser sein, die beiden Gruppen getrennt
beizubehalten. Übrigens werden wir im Folgenden ' das Präfix »ferro«
meistens fallen lassen. Wir folgen damit dem üblichen Sprachgebrauche
und rufen Verwechselungen nicht hervor, indem es sich ferner aus
schliesslich um ferromagnetische Körper handeln wird.