294
II. Theil. Anwendungen.
einer schwer zu übersehenden Weise vergrössert, was kaum wün-
schenswerth sein dürfte. Überhaupt kann eine umfassende ratio
nelle Theorie des Induktoriums augenblicklich nicht als vor
handen betrachtet werden, wohl hauptsächlich deswegen, weil
diese Apparate eine ausgedehntere technische Anwendung bisher
nicht erlangt haben. Eine erhebliche Schwierigkeit hegt darin,
dass der Vorgang der Stromunterbrechung unter Funkenbildung
mit oder ohne Kondensator nicht genügend bekannt ist, während
doch eine solche Theorie sich vorwiegend auf die Kenntniss des
selben zu stützen haben würde.
Die gangbarsten, leistungsfähigsten und am meisten verbreiteten
Formen des Induktoriums stammen aus wenigen Werkstätten, deren
empirische Konstruktionsprincipe zweifellos auf Erfahrung begründet
und zum Theil geheim sind. 1 ) Wir müssen uns daher mit dem
Hinweis auf die Thatsache begnügen, dass die üblichen Kerne
aus Drahtbündeln bestehen, deren Dimensionsverhältniss zwischen
15 und 20 schwankt (d. h. 0,12 > A)> 0,08, Tab. I, p. 45). Die
Drahtdicke beträgt meist etwa 1 mm; mit Rücksicht auf die
neuesten, bei Transformatoren angewandten, Untersuchungen über
Wirbelströme (§ 187) dürfte sich eine geringere Drahtdicke auch
für Induktorienkerne mit ihren so viel rascher erfolgenden mag
netischen Variationen empfehlen, ohne nennenswerthe Nachtheile
zu bieten.
§ 180. Simultane Differentialgleichungen des Trans
formators. Die vor etwa einem Jahrzehnt in die Technik ein
geführten Transformatoren lehnten sich in ihrer allgemeinen An
ordnung an die damals üblichen Induktorien an und enthielten
demgemäss einen aus dünnem Eisendraht zusammengesetzten,
ungeschlossenen Kern. Man griff indessen nach dem Vorgang
Zipernowsky’s (1885) bald auf sogen, »pollose« Formen mit
geschlossenem magnetischem Kreise zurück, wodurch der Fara-
day’sche Ring bezw. das § 176 besprochene, gleichmässig
doppelt bewickelte Toroid zum Prototyp für die überwiegende
Mehrzahl der heutzutage konstruirten Transformatoren wurde.
Infolgedessen wird die magnetische Charakteristik (§ 96) des
1) Siehe du Moncel, Notice sur l’appareil d’induction Euhm-
korff, 5. Aufl. Paris 1867. Diesem Apparat sind die meisten Induktorien
mit nur geringfügigen Modifikationen nachgebildet.