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II. Theil. Anwendungen.
Das von Hall entdeckte Phänomen besteht, kurz gesagt, in
dem Auftreten eines »rotatorischen« Charakters der Elektricitäts-
leitung in Metallen, welcher bisher ausschliesslich unter dem
Einfluss des magnetischen Feldes beobachtet worden ist (§ 10).
Er äussert sich hauptsächlich dadurch, dass die Stromlinien nicht
mehr orthogonal zu den Äquipotentialflächen verlaufen, wie es
unter gewöhnlichen Umständen stets zutrifft. Betrachten wir der
Einfachheit halber die Leit
ung in zwei Dimensionen,
z. B. in einem dünnen
Metallband senkrecht zur
Feldrichtung (Fig. 69): die
Stromlinien des durch die
»Primärelektröden« JE 1 und
E 2 ein- bezw. ausfliessen-
den Primärstroms müssen
nach wie vor den freien
Rändern parallel verlaufen;
die Äquipotentiallinien werden dagegen aus ihrer ursprünglich
orthogonalen Orientirung (ausgezogene Geraden) bei Erregung des
Feldes in eine schiefe Lage (punktirte Geraden) gedreht.
In nicht zu grosser Nähe der Primärelektroden ist die Drehung ß
cet. par. in allen Punkten die gleiche und bei nicht ferromagne
tischen Metallen (vgl. hierzu § 224) im allgemeinen proportional der
Feldintensität. Zwischen Randpunkten, welche zuvor äquipotential
waren, tritt nun infolge der Drehung eine Potentialdifferenz auf;
diese lässt sich mittels sog. Hall-Elektroden e x und e 2 und eines
passenden Galvanometers G leicht messen. Die Ausschläge des
letztem sind nun schliesslich für kleine Drehungen auch proportional
der Feldintensität und können mithin theoretisch zu ihrer Messung
benutzt werden 1 ); da sie ferner dem Primärstrome ebenfalls pro
portional sind, kann man durch Abstufung desselben die Em
pfindlichkeit der Methode reguliren, die sich indessen vorzugsweise
zur Bestimmung intensiverer Felder eignen dürfte; vermuthlich
1) Siehe Kundt, Wied. Ann. 49, p. 257. 1893. Dort ist die er
wähnte Proportionalität für Gold und Silber bis zu Feldern von 22 000
C.-G.-S. bestätigt worden. Das Verhalten des Wismuths bietet dagegen
noch manches Räthsclhafte.