Heliostat.
Heliostat.
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und läfst die Sonnenstrahlen durch eine
kleine runde Oeffnung in der Fensterlade
als ein beschränktes cylindrisches Strah
lenbündel in das Zimmer fallen. Dies
Strahlenbündel soll dabei -wo möglich
eine horizontale und feststehende Rich
tung erhalten, eine Anforderung, welche
besondere Hülfsmittel deswegen in An
spruch nimmt, weil nur selten ein Zim
mer die günstigste Lage hat und die
Sonne in ihrer scheinbaren täglichen Be
wegung in jedem Augenblick ihre Stelle
ändert. Die einfachste Vorrichtung, um
den eintretenden Strahlen die erforder
liche Richtung zu geben, besteht in einem
Spiegel, dem man durch Schrauben-Be
wegungen innerhalb des Zimmers dicht
vor der Laden-Oeifnung leicht jede Stel
lung geben kann, so, dafs der seine
Fläche treffende Sonnenstrahl ab hori
zontal in bil durch die Oeffnung ins Zim
mer hinein reflectirt werde.
Fig. 697.
Mangelhaft bleibt diese Vorrichtung
deshalb, weil man der fortrückenden Sonne
wegen nicht aufhören darf, die Spiegel
stellung zu corrigiren. Die bisherigen
selbsttätigen Heliostaten waren von com-
plicirter Einrichtung und kosteten in ge
nauer Ausführung jedesmal einige Hun
dert Thaler; ein wesentlicher Theil des
Instruments bestand in einem Uhrwerk,
welches die den Spiegel tragende Axe
drehen und zugleich die Neigung dieser
Axe in jedem Augenblick den Erforder
nissen der richtigen constanten Reflec-
tions-Richtung entsprechend einstellen
mufste. Durch August wurde späterhin
nachgewiesen, dafs ein Spiegel a, dessen
Fläche parallel mit einer Axe liegt, die
sich innerhalb 48 Stunden 1 Mal um sich
selbst dreht, in dem Fall einen constan
ten reflectirten Sonnenstrahl liefert, wenn
diese Drehungs-Axe bc mit der Welt-
Axe parallel ist. Denn es sei AB ein
Spiegel, l)C das Einfallsloth, die Sonne
stehe in der Richtung CF, /_ l)CF - 5°,
so wird der Strahl FC nach CE reflectirt,
so dafs 1)CE ebenfalls 5° beträgt. Soll
nun der reflectirte Strahl CE fixirt blei
ben, und hat die Sonne nach 40 Minuten
die Richtung CG erhalten, so dafs also
ZFCG = 10° beträgt, indem der Kreis,
Fig. 698.
den die Sonne scheinbar alle 24 Stunden
durchläuft, in 360° eingetheilt wird, so
mufs bis dahin der Spiegel in die Lage
A'B' gekommen sein, wobei Z. BCB' = 5°
beträgt; denn alsdann ist das Einfalls
loth DC ebenfalls um 5° nach FC ge
rückt, der Strahl GC trifft den Spiegel
unter dem /_ GCF = 10° und wird in
demselben Strahl CE, der mit CF den
Z. ECF= 10° bildet, reflectirt.
Die Drehungs-Axe mufs also wie der
schattenwerfende Stift einer Sonnen-Uhr
parallel der Welt- oder Erd-Axe stehen,
der an derselben befestigte Spiegel soll
sich in einem Tage nur ein halbes Mal
umwenden, d. h. er folgt dem Laufe der
Sonne, jedoch nur mit der halben Win
kel-Geschwindigkeit als jene der Sonne
selbst. Diese Bedingung wird in dem
Grüel’schen Heliostat durch ein einfaches
Räderwerk erfüllt, welches mittelst jeder
gewöhnlichen Taschen-Uhr in Bewegung
gesetzt werden kann,indem man ein einem
Uhrschlüssel ähnliches Stück e auf die
Axe des Minutenzeigers der geöffneten
Uhr aufsteckt, während letztere auf einem
beliebig höher oder tiefer zu stellenden
Support d unter jenem Stück ruht.
Das Instrument kostet 28 Rthlr., also
nur den zehnten Theil der früher bekann
ten Heliostaten. Die gänzliche Trennung
des Apparats von einem Uhrwerk er
scheint deshalb gerechtfertigt, weil die
damit fest verbundenen Uhrwerke nach
längerer Unthätigkeit und Aufbewahrung
nicht immer ihren Dienst leisten, wenn
sie später einmal gebraucht werden sol
len. Eine gehende Taschen-Uhr ist da
gegen überall zur Hand. Dieselbe leidet,
als Triebwerk zum Heliostat benutzt, gar
nicht; sie wird in ihrem Gange auch
nicht verzögert, da sie eine nur äufserst
geringe Kraftanstrengung zu überwinden
hat. Das Werk geht fast ohne alle Rei
bungswiderstände und die Uhr ergreift es
an einer Stelle, wo die hervorgebrachte
und mit der Minutenzeiger-Axe conforme
Bewegung relativ schnell erscheint gegen
die Bewegung des 48 Mal langsamer sich
drehenden Spiegels. Es ist aber aus den
einfachsten mechanischen Principien klar,