Proportionalzirkel,
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Proportionalzirkel.
tura von Festungen, welche zum ersten-
male 1589 herausgekommen ist, erwähnt
gleich im Anfänge eines solchen Zirkels
zum Verjüngen, zugleich eines anderen
zu diesem Zwecke ganz in der Form un-
seres Proportionalzirkels. „Andere“, sagt
er, „haben einen breiten Zirkel gemacht,
mit einem unbeweglichen Centro, da sie
dann auf beiden Linien in der Mitte der
gespaltenen Linien die Theilungen der
Verjüngungen gemacht, und so weit man
ihn allewege aufthut, ist allewege die Ver
jüngung von einem bis in die 20 Theile
gestanden und hat man solche Theilung
mit einem andern Zirkel nehmen und
suchen müssen.“ Er habe, fährt er fort,
„diese und andere Zirkel im Gebrauch
nicht genau genug gefunden, sondern
habe sich andere machen lassen,“ die völ
lig so beschaffen sind, wie die noch jetzt
üblichen Doppelzirkel mit entgegenge
setzten Schenkeln und festem Gewinde.
Er hat deren mehrere mit verschiedenen
Verhältnissen, der Länge der Schenkel
abgebildet. Für alle diese Instrumente
gebraucht er die Benennung Proportio
nalzirkel.
21. Aus dem Doppelzirkel mit beweg
lichem Gewinde ist vermuthlich der Pro
portionalzirkel des Jobst Burgi oder Justus
Byrgius entstanden, den Levin Hulsius
in seinem dritten Tractat der mechani
schen Instrumente (Frankfurt 1604) be
schreibt. Es sind auf den Schenkeln
mehrerlei Abtheilungen, sechs Arten an
gebracht, um nicht blofs Linien, sondern
auch Flächen und Körper zu verjüngen
oder zu vergröfsern und noch einige
Verhältnisse anzugebeü. Man fafst mit
diesem Zirkel die eine Linie zwischen
dem einen Paar Schenkeln und erhält
zwischen den Spitzen des anderen Paars
die dazu gehörige Linie.
22. Clavius beschreibt in seiner Geo
metria practica, die zuerst zu Rom 1604
herausgekommen ist, einen Proportional
zirkel nach der gegenwärtigen Form.
Dieser hat auf der einen Fläche nur die
arithmetische Linie, auf der anderen die
Linie der Chorden. Clavius schlägt den
Namen Instrumentum partium vor. Er
sagt nicht, dafs er ein neues Instrument
angäbe.
23. Galiläi machte seinen Proportio
nalzirkel im J. 1606 bekannt, in einer
sehr selten gewordenen Schrift. Die Ein
richtung ist ganz wie an den jetzt ge
wöhnlichen Instrumenten. Die darauf
gezogenen Linien sind die arithmetische,
geometrische, stereometrische, metallische,
polygraphische (für regelmäfsige Vielecke)
die tetragonica und eine adjuncta, mit
telst welcher Kreisabschnitte und Mon
de quadrirt werden können. Mathias
Bernegger hat die Schrift ins Lateinische
übersetzt und mit einem Comentar ver
sehen, welcher wieder ins Italienische
übersetzt ist, wie er es sehr verdiente.
Er fügte noch die Linie der Chorden und
zwei Linien für die regulären Körper
bei. Ein Mailänder Balthasar Capra
eignete sich in einer Schrift die Erfin
dung dieses Instruments zu, worüber Ga
liläi mehr als es die Sache verdiente und
er es nöthig hatte, sehr aufgebracht wurde,
sogar dafs ohne Zweifel auf seine Ver
anlassung alle vorräthigen Exemplare der
Schrift des Capra confiscirt wurden. Er
bestätigte durch Zeugnisse, dafs er den
Proportionalzirkel vor 10 Jahren (um
1597) erfunden habe, und dafs seit der
zeit wohl auf 100 Stück in Padua wären
gefertigt worden. Einem Manne wie Ga
liläi mag man dieses, und wenn die Sache
viel wichtiger wäre, auf sein Wort glau
ben. Vielleicht hat Capra ihn blos necken
wollen, auf Anstiften der Neider und Wi
dersacher des Galiläi.
24. Die Form des Galiläi’schen Pro
portionalzirkels ist also nicht neu, wohl
aber der Gebrauch. Denn die ältere
diente nur zur einfachen Verjüngung
oder Vergröfserung der Linien, da sie
blofs die arithmetische Linie enthielt.
Die galiläische Einrichtung dient zu man
cherlei geometrischen Constructionen und
mag selbst zu Rechnungen bisweilen an
gewandt werden. In Absicht auf die Be
kanntmachung durch den Druck ist, nach
der von Speckle geschehenen Erwähnung
zweier Verjüngungs-Instrumente, das
Byrgius-Instrument das ältere, denn die
Zueignung des Werkes von Hulsius vom
20. Mai 1603 und die der Gallileischen
Schrift vom 10. Juli 1606.
25. Hulton erzählt in seinem Wörter
buch die Geschichte des Proportionalzir
kels folgendermaafsen. Man schreibt,
sagt er, die Erfindung dem Guido Baldo
oder ühaldo um das Jahr 1568 zu. Die
erste gedruckte Nachricht davon gibt
Caspar Mordente zu Antwerpen im Jahr
1584, welcher erzählt, dafs sein Bruder
Fabricius Mordente in dem Jahr 1554
das Instrument erfunden habe. Darauf
hat Daniel Speckle zu Strafsburg im
Jahre 1589 es beschrieben, nach ihm
Thomas Ilood in London 1598, worauf
sehr viele Schriftsteller über die Geome
trie davon gehandelt haben.
Es ist hier ein Mifsverstand in den
Benennungen vorhanden, aus dem, was