Kraft,
56
Kräfte im Gleichgewicht.
Leibnitz nennt eine Kraft, die eine Be
wegung herorbringen kann, die aber in
Folge von Hindernissen keine Bewegung
hervorbringt, todte Kraft, die Kraft
dagegen, welche wirklich Bewegung er
zeugt: lebendige Kraft. Man ist von
diesen Bezeichnungen zurückgekommen.
Kraft definirt man ferner als die Be
dingung, unter welcher einerlei Stoff zu
verschiedenen Zeiten in verschiedenen
Räumen sein kann. Auch sagt man Kraft
ist das Sein im Werden.
9. Kraft, Körperkraft ist die Ursach zu
einer Thätigkeit; jede Thätigkeit setzt
ein Subject voraus das thätig ist, dies
mufs also zur Thätigkeit fähig sein und
die Fähigkeit hierzu heifst Vermögen.
Aus dem Vermögen entspringt die Thä
tigkeit noch nicht als nothwendig, das
Vermögen mufs erst zur Thätigkeit er
regt werden und das zur Thätigkeit
erregte Vermögen ist die Kraft.
Kraft ist mithin actives Vermögen,
so wie Vermögen passive Kraft ist.
Die Kraft eines Körpers kann nicht grö-
Iser werden als dessen Vermögen ist.
Die Thätigkeit setzt ferner ein Object
voraus, an welchem die Thätigkeit aus
geübt wird, die Kraft mufs auf einen Ge
genstand übergehen, der ihre Einwirkung
erleidet und dieser tritt in einen Zustand,
in dem er vorher sich nicht befand und
welcher den Erfolg der Kraftäuiserung
ausmacht.
Da das Object in den neuen Zustand
nicht durch sich selbst, sondern nur durch
die Einwirkung eines Anderen kommen
konnte, so mufste es der einwirkenden
Kraft etwas entgegen zu setzten haben,
er mufste der Einwirkung der Kraft wi
derstehen, d. h. einen Widerstand
bilden.
Dieser Widerstand ist durch eine Kraft
erregt worden, ohne Erregung ist er in
dem Körper nichts als ein Wider stands
vermögen ein passiverWiderstand.
Der Widerstand äufsert während der
Einwirkung der Kraft auf den die Kraft
äufsernden Körper eine Rückwirkung, es
müssen Kraft und Widerstand gleich
artig, d. h. Widerstand mufs Kraft
sein. Beide positiven Kräfte wirken in
entgegengesetzten Richtungen auf einan
der, sie stehen also in gegenseitiger Be
ziehung wie positive und negative Grö-
fsen, d. h. sie werden activ mit der Dif
ferenz beider nach der Richtung des
Ueberschusses, in gleichen Quantitäten
heben sie sich einander auf. Daher ge
schieht es, dafs Widerstand, wiewohl un
richtig, mit negativer Kraft bezeich
net wird.
Bei Einwirkung von Kraft und Wider
stand gegen einander wird das Vermö
gen zur Thätigkeit zum Bestreben zur
Thätigkeit, der Zustand in dem beide
Körper [sich befinden heifst Spannung.
In Beziehung auf gegenseitige Ein'
Wirkung kann:
1. Die Quantität des Widerstandes grö-
fser sein als die der Kraft; dann wird
die Kraft für den Erfolg absorbirt, sie
ist und bleibt gespannt. Dasselbe gilt
von der mit der Kraft gleich groisen
Quantität des Widerstandes; der Ueber-
schufs an Widerstand bleibt als Vermö
gen passiv.
2. Kann die Quantität der Kraft grö-
fser sein; dann wird der ganze Wider
stand absorbirt. Dasselbe geschieht mit
der gleich grofsen Quantität Kraft, der
Ueberschufs derselben bewirkt die Ueber-
windung, die Gewältigung des Wider
standes durch Bewegung.
(S. den Art. „Gleichgewicht“.)
I. Grundlehren.
Kräfte im Gleichgewicht.
Jede Kraft stellt man sich in in einer
geraden Linie wirkend vor, welche zu
gleich ihre Richtung ist; der mate
rielle Punkt des Körpers in welchem der
selbe von der Kraft getroffen wird, heifst
der Angriffspunkt der Kraft.
Zwei Kräfte heifsen gleich, wenn
sie nach gerade entgegengesetzten Rich
tungen auf denselben materiellen Punkt
wirkend einander das Gleichgewicht halten.
Eine Kraft heifst die Summe
zweier oder m ehr er er Kräfte, wenn
sie mit diesen nach entgegengesetzten
Richtungen auf denselben materiellen
Punkt wirkend, denselben das Gleichge
wicht hält.
EineKraftheifstderUnterschied
zweier Kräfte, wenn sie mit der klei
neren zusammengenommen der gröfseren
gleich ist.
Eine Kraft heifst das 2, 3 ... tn
fache einer anderen Kraft, wenn
2, 3...wt dieser letzteren gleichen Kräfte
zusammen genommen der ersten Kraft
gleich sind.
1)1 .
Eine Kraft ist — einer anderen
n
Kraft, wenn ihr in faches dem n fachen
der anderen Kraft gleich ist.
Es können also Kräfte vermittelst Zah
len als Vielfache einer Kraft ausgedrückt
werden, für welche dann diese Kraft die