lieber eine geometrische Anwendung der complexen
Multiplication der elliptischen Functionen.
(Von Herrn L. Kiepert in Freiburg i. Br.)
w enn sich die Coordinateli einer Curve als elliptische Functionen
darstellen lassen, deren Argument der Bogen dieser Curve ist, so hat sie mit
dem Kreise die Eigenschaft gemein, dass sich die Theilung ihres Bogens in
n gleiche Theile auf die Auflösung algebraischer Gleichungen zurückführen
lässt. Der Grund davon liegt bekanntlich in dem Additions- und Multiplica
tionstheorem der elliptischen Functionen.
Im Allgemeinen wird der Grad der aufzulösenden Gleichungen sehr
hoch, wenn man nur von der einfachen Multiplication Gebrauch macht. Wenn
dagegen die complexe Multiplication der elliptischen Functionen anwendbar
ist, so führen Gleichungen von weit niedrigerem Grade zum Ziele. So ist
es bereits bekannt, dass die Theilung des Lemniscatenbogens in 4q-{-i gleiche
Theile, — wenn 4^+1 eine Primzahl ist, — zurückgeführt werden kann auf
die Lösung einer Gleichung q ten Grades, aus deren Wurzeln noch die Quadrat
wurzel zu ziehen ist.
Etwas ganz Aehnliches gilt für die Theilung einer Curve, die ich be
reits in meiner Dissertation *) (Seite 22) als Beispiel angeführt habe. Hier
lässt sich die Theilung in 6</ + l gleiche Theile ausführen durch Auflösung
einer Gleichung q ien Grades, aus deren Wurzeln noch die Cubikwurzel zu
ziehen ist. Dies soll in der folgenden Abhandlung gezeigt werden. Ich
wende dabei eine Methode an, wie sie analog Herr Weierstrass bei der
Fünf-Theilung des Lemniscatenbogens in seiner Vorlesung (Sommer 1869)
gegeben hat.
Während die Gleichung der Lemniscate am einfachsten in der Form
r =cos2</) geschrieben wird, hat die zu behandelnde Curve die Gleichung
r 3 = cos3 q),
wobei r der Radiusvector und cp der Winkel ist, den der Radiusvector mit
der festen Anfangsaxe bildet. Bezeichnen wir mit u den Curvenbogen, so ist
*) De curvis quarum arcus integralibus
Berolim, MDCCCLXX. Calvary.
ellipticis primi generis exprimuntur.
1
Ordnung und der Raumcurven dritter Ordnung
als Erzeugnisse projectivischer Gebilde. Nach
Jakob Steiners Principien auf synthetischem
Wege abgeleitet. Leipzig, Teubner, :88o. 720 S.
gr. 8°. M. 16.
Jakob Steiner sagt in der Vorrede zu seinem
Hauptwerke „Systematische Entwickelung der Ab
hängigkeit geometrischer Gestalten” (Berlin i832), dass
Vollständigkeit zu einem organischen Ganzen zu
sammengestellt, sodass das mathematische Publikum
dem geschätzten Herrn Verf. zu aufrichtigem Danke
für sein schätzbares Werk verpflichtet ist.
An diesen Dank sei noch die Bitte geknüpft,
dass HerrSch. dem vorliegenden Buche noch manche
Fortsetzung folgen lasse.
Hannover. L. Kiepert.