Ueber die eomplexe Multiplication der elliptischen Functionen.
Abhandlung 1.
Von
L. Kiepert in Hannover.
Bei meinen langjährigen Arbeiten über die Transformation der
elliptischen Functionen*) hatte ich ganz besonders den Zweck im Auge,
die Herleitung der algebraischen Beziehungen, welche bei der complexen
Multiplication auftreten, einfacher und übersichtlicher zu gestalten.
Dass meine Untersuchungen in dieser Hinsicht wirklich mit Nutzen
verwendbar sind, hat schon Herr Greenhill in seinen Arbeiten**)
durch zahlreiche Beispiele gezeigt. Leider konnte er meine letzten
Abhandlungen (Band 32 und 37) noch nicht bei seinen Berechnungen
benutzen; es wird sich aber in dem zweiten und in den späteren Theilen
der hier folgenden Arbeit zeigen, dass gerade meine neueren Unter
suchungen über die Transformation die werthvollsten Hülfsmittel für
die Ausführung der complexen Multiplication der elliptischen Func
tionen bieten.
Auch die Abhandlung von Herrn H. Weber: „Zur Theorie der
elliptischen Functionen (2. Abh.)***) folgte meiner Arbeit in Band 32
so schnell, dass sich Herr Weber nur auf meine Multiplicatorglei-
chungen (L-Gleichungen) beziehen konnte, von denen er nicht ganz
mit Unrecht behauptet, dass sie für die Berechnung der singulären
Moduln weniger geeignet seien als die von ihm selbst verwendeten
„Schläfli’sehen ModulargleichungenIn der vorliegenden Abhandlung
will ich aber den Nachweis führen, dass die L-Gleichung für die ße~
*) Journal für Mathematik, Band 87, S. 199—-216, Band 88, S. 205—212
und Band 95, S. 218—231; ferner Math. Annalen, Band 26, S. 369—454, Band 32,
S. 1—135 und Band 37, S. 368—398.
Da die drei letzten Arbeiten in dem Folgenden öfters zu erwähnen sind,
so sollen sie der Kürze wegen nur durch die Worte: Band 26, bezw. Band 32
und Band 37 citirt werden.
**) Proceedings of the London Mathematical Society, Yol. XIX, S. 301—364,
Quaterly Journal of Pure and Applied Mathematics, Nr. 86, 1887, S. 119—174,
Proceedings of the London Mathematical Society, Yol. XXI, S. 403—422.
***) Acta mathematica, Band 11, S. 333—390. Man vergl. auch das nach
Abfassung der vorliegenden Abhandlung von Herrn Weber herausgegebene Werk:
„Elliptische Functionen“ ßraunschweig 1891.
Mathematische Annalen. XXXIX. 10
l
296
Mathematische Wissenschaften.
H. Schröter, Theorie der Oberflächen zweiter
Ordnung und der Raumcurven dritter Ordnung
als Erzeugnisse projectivischer Gebilde. Nach
Jakob Steiners Principien auf synthetischem
Wege abgeleitet. Leipzig, Teubner, 1880. 720 S.
gr. 8°. M. 16.
Jakob Steiner sagt in der Vorrede zu seinem
Hauptwerke „Systematische Entwickelung der Ab
hängigkeit geometrischer Gestalten” (Berlin i832), dass
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suchung der Flächen zweiter Ordnung und der
Raumcurven dritter Ordnung beschränkt hat. Nur
im letzten Paragraphen findet sich eine kurze An
deutung über das Vorkommen einer Fläche dritter
Ordnung, insofern sie der geometrische Ort für die
Pole einer Ebene in Bezug auf die sämmtlichen
Flächen eines Flächenbündels zweiter Ordnung ist.
Dagegen sind alle Untersuchungen, welche sich aut
die Flächen zweiter Ordnung und auf die Raum
curven dritter Ordnung beziehen, mit rühmenswerter
Gründlichkeit und mit dem Zwecke entsprechender
Vollständigkeit zu einem organischen Ganzen zu
sammengestellt, sodass das mathematische Publikum
dem geschätzten Herrn Verf. zu aufrichtigem Danke
für sein schätzbares Werk verpflichtet ist.
An diesen Dank sei noch die Bitte geknüpft,
dass Herr Sch. dem vorliegenden Buche noch manche
Fortsetzung folgen lasse.
Hannover. L. Kiepert.