Full text: Sonderdrucke, Sammelband

Persönliche Erinnerungen an Karl Weierstraß fi5 
in der Weierstraß vonfunktionentheoretischen Untersuchungen ausgeht, 
ist bis zum heutigen Tage unbekannt geblieben. 
Die Vorlesung über Variationsrechnung ist im Druck, aber zur 
Zeit, d. h. 28 Jahre nach dem Tode von Weierstraß noch nicht er 
schienen. 
Daß die verspätete Drucklegung der Weierstraßschen Vorlesungen 
eine schwere Schädigung der mathematischen Wissenschaft im allge 
meinen und der produzierenden Schüler von Weierstraß im besonderen 
herbeiführte, liegt auf der Hand. Diese hätten gern die Kenntnisse, 
die sie aus den Vorlesungen gewonnen hatten, mit Hilfe der gedruckten 
Ausgabe vertieft und befestigt, und die anderen Mathematiker wären 
lernbegierige Schüler von Weierstraß geworden. So aber waren die 
Arbeiten, welche sich auf die Forschungen von Weierstraß stützten, 
weiteren Kreisen der Mathematiker unverständlich und wurden von den 
Herausgebern mathematischer Zeitschriften nur ungern oder gar nicht 
angenommen. 
Mancher, der von den Weierstraßschen Ideen und Forschungen 
begeistert war und es sich zur Lebensaufgabe machen wollte, diese 
Ideen weiter zu führen, ist von seiner Absicht abgeschreckt worden, 
weil er mit diesen Arbeiten weder Verständnis noch Anerkennung 
finden konnte. Unter diesen Umständen wird sich mancher die Frage 
vorgelegt haben, ob es nicht ratsamer sei, seine Arbeitskraft einem 
anderen Ziele zuzuwenden. Mir ist es wenigstens so ergangen. Und 
es ist mir sehr zweifelhaft, ob diejenigen, welche sich seit Jahrzehnten 
von der Weiterführung der Weierstraßschen Forschung abgewendet 
haben, wieder darauf zurückkommen können. 
Aber die jüngeren Mathematiker können und müssen es tun. Und 
da ist gerade die hier in Münster veranstaltete Weier straß-Woche 
eine freudigst zu begrüßende Tat. Dieses Fest soll die jüngere Gene 
ration darauf hinweisen, was der mathematische Heros Weier straß 
geleistet hat, es soll in Erinnerung bringen, wie große Schätze noch 
in den Arbeiten von Weierstraß schlummern, und soll die Mathema 
tiker anfeuern, diese Schätze zu heben. 
Deshalb gebührt allen denen, welche diese schöne Feier angeregt 
durchgesetzt und gefördert haben, der wärmste, innigste Bank. 
(Eingegangen am 18. 6. 25.) 
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Jahresbericht d. Deutschen Mathem.-Vereinigung. XXXV. 1. Abt. Heft 1/4. 
Mathematische Wissenschaften. 
H. Schröter, Theorie der Oberflächen zweiter 
Ordnung und der Raumcurven dritter Ordnung 
als Erzeugnisse projectivischer Gebilde. Nach 
Jakob Steiners Principien auf synthetischem 
Wege abgeleitet. Leipzig, Teubner, 1880. 720 S. 
gr. 8°. M. 16. 
Jakob Steiner sagt in der Vorrede zu seinem 
Hauptwerke „Systematische Entwickelung der Ab 
hängigkeit geometrischer Gestalten” (Berlin i832), dass 
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chreiben ist, dass sich der Herr Verf. auf die Unter- 
uchung der Flächen zweiter Ordnung und der 
taumcurven dritter Ordnung beschränkt hat. Nur 
m letzten Paragraphen findet sich eine kurze An- 
leutung über das Vorkommen einer Fläche dritter 
Drdnung, insofern sie der geometrische Ort für die 
5 ole einer Ebene in Bezug auf die sämmtlichen 
flächen eines Flächenbündels zweiter Ordnung ist. 
)agegen sind alle Untersuchungen, welche sich aut 
lie Flächen zweiter Ordnung und auf die Raum- 
:urven dritter Ordnung beziehen, mit rühmenswerter 
Gründlichkeit und mit dem Zwecke entsprechender 
/ollständigkeit zu einem organischen Ganzen zu- 
lammengestellt, sodass das mathematische Publikum 
lern geschätzten Herrn Verf. zu aufrichtigem Danke 
ur sein schätzbares Werk verpflichtet ist. 
An diesen Dank sei noch die Bitte geknüpft, 
lass Herr Sch. dem vorliegenden Buche noch manche 
Fortsetzung folgen lasse. 
Hannover. L. Kiepert.
	        
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