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Ein Verfahren zur Bestimmung der unter
Flugbedingungen auftretenden Bildwanderungen
an Luftbildmeßkammern
G. Voß
Einer der wesentlichsten Faktoren, die die Güte eines Luft
bildes beeinflussen, ist die Auflösungsminderung auf Grund
von Punktverschiebungen in der Bildebene, die durch eine
relative Bewegung der Meßkammer gegen das Objekt während
der Belichtungszeit entstehen. Infolge der hohen Lichtstärke
der modernen Hochleistungsobjektive ist es heute im allge
meinen möglich, kurze Belichtungszeiten zu wählen und damit
den Einfluß der Bildwanderung weitgehend zu reduzieren.
Gerade die günstigen optischen Eigenschaften gestatten aber
andererseits eine Ausdehnung der Flugtermine und die Aus
nutzung ungünstigerer Wetterbedingungen, so daß längere
Zeiten nach wie vor Verwendung finden werden. In diesem
Zusammenhang wird sich der Benutzer einer bestimmten
Kombination Bildflugzeug-Meßkammer über Art und Größe
der zu erwartenden Bildwanderungen im klaren sein müssen.
Wir unterscheiden allgemein drei Arten von Bewegungen, die
zu Bildwanderungen führen, und zwar a) die Vorwärtsbe
wegung des Bildflugzeugs über Grund, b) kurzperiodische Be
wegungen der Meßkammer, und c) langperiodische Bewegun
gen des Bildflugzeuges um seine drei Achsen.
Es wird zunächst zweckmäßig sein, sich einen Überblick über
die speziellen Eigenarten dieser Bewegungsvorgänge zu ver
schaffen. Wir fassen dabei die unter b) und c) genannten Be
wegungsformen zusammen, da sie einigermaßen gleichartigen
Gesetzmäßigkeiten folgen.
Punktverschiebungen in der Bildebene seien im folgenden
mit d [mm] bezeichnet.
1. Bildwanderung auf Grund der Vorwärtsbewegung des Flug
zeuges
Diese Bewegungsform ist im allgemeinen hinreichend bekannt
und außerdem leicht zu übersehen, so daß sie nach einer kürzen
Erläuterung hier weiter nicht behandelt werden soll.
Der Betrag r5 1 der Punktverschiebung entspricht der maßstäb
lichen Abbildung der im Belichtungszeitraum t [s] zurückge
legten Flugstrecke über Grund. Sie läßt sich unter Vernach
lässigung von Einflüssen der Bildneigung berechnen zu
<5l = Vg-i-— =
m b
(1)
Hierbei sind v g \m • s~~ 2 ] die Geschwindigkeit des Flugzeuges
über Grund, c/c [mm] die Kammerkonstante und hg [m] die
Flughöhe über dem betreffenden Geländepunkt, ist eine
Konstante, v g ist durch den Typ des Bildflugzeuges und die
Windverhältnisse, hg ist durch die Flugdisposition festgelegt.
Der Operateur hat demzufolge nur durch die Wahl der Be
lichtungszeit -—- d. h. durch die Wahl des Filmmaterials,
der Aufnahmetageszeit und evtl, des Filters —- Einfluß auf ö v
2. Bildwanderung auf Grund von Bewegungen des Flugzeuges
und der Kammer
Diese Bewegungen folgen im allgemeinen periodischen, d. h.
zeitabhängigen Gesetzmäßigkeiten. Sie lassen sich durch mehr
oder weniger komplizierte, sich überlagernde Schwingungs
vorgänge erklären. Diese Schwingungen können die verschie
densten Ursachen haben.
2.1. Wir betrachten zunächst den einfachsten Fall, die har
monische oder Sinusschwingung (Bild 1). Ein Punkt bewegt
sich in langem Zeitraum mit gleichen Maximalausschlägen
(Amplituden) A um eine Nullage; seine Bahn läßt sich in
Abhängigkeit von der Zeit als Sinuskurve darstellen. Wir be
zeichnen die Anzahl der Schwingungen pro Zeiteinheit (ls)
als Frequenz / [s —1 oder Hz] und finden die Schwingungsdauer
zu T = — [s]. Die Geschwindigkeit ist ungleichförmig, aber
gesetzmäßig und erreicht ihr Maximum beim Durchgang durch
die Nullage. Dieses Geschwindigkeitsmaximum wird Gegen
stand der Bildwanderungsbetrachtungen sein.
Wir fragen uns zunächst, welches die Ursachen für eine der
artige Punktbewegung in der Bildebene sein können. Im all
gemeinen würde sich dieses Schwingungsbild ergeben, wenn
das schwingungsfähige System — Flugzeug oder Kammer —
nach einer Anfangsauslenkung sich selbst überlassen wurde
und keine Reibungswiderstände vorhanden wären. Dies ist
jedoch praktisch unmöglich. Die eigentlichen Ursachen sind
unter den vorgegebenen Bedingungen irgendwelche Kräfte
einwirkungen periodischen Charakters. Die Flugzeugzelle wird
z. B. durch die Umdrehung der Motoren und durch aerody
namische Kräfte zu periodischen Schwingungen angeregt. Wir
haben uns nun ein Bild über die Art und Weise zu machen,
wie sich diese Erregungen in eine Bewegung der Bildebene
umsetzen.
Würde man die Reihenmeßkammer fest mit der Flugzeugzelle
verbinden, so würde die Bildebene deren Schwingungen in
gleicher Größe mitmachen. Um dieses zu vermeiden, schirmt
man die Meßkammer durch Bauelemente ab, die einer Über
tragung Widerstand entgegensetzen. Bild 2 zeigt schematisch
die Aufhängung einer Kammer, bestehend aus einem Feder
system und einer Dämpfungseinrichtung. Die Steifigkeit, die
die Federn einer einwirkenden Kraft entgegensetzen, wird
durch die Federkonstante c ausgedrückt. Bezeichnen wir die
Masse der Kammer mit m und den Widerstand der Dämpfungs
einrichtung mit p, so können wir dem System eine charakter
istische, dimensionslose Größe ./!, die Dämpfung, zuschreiben.
Wir nehmen zunächst an, daß die angreifende Kraft durch
den Schwerpunkt der Kammer läuft. Die Zelle soll eine Sinus
schwingung ö 0 (t) ausführen. Diese wird sich — beeinflußt
durch die Aufhängung —- in eine Sinusschwingung ö(t) der
Kammer umsetzen. Wir betrachten Bild 3. Es läßt sich nach-
weisen, daß die erregte (erzwungene) Schwingung d(t) die
gleiche Frequenz behält, jedoch eine andere Amplitude be-
sitzt. Wir bezeichnen das Amplitudenverhältnis — als Trans-
mission und entnehmen der angegebenen Formel die Ab
hängigkeit von der Dämpfung. Maßgeblich ist hierbei noch