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Die neue Luftbildmeßkammer MRB 11,5/1818 mit Weitwinkel
objektiv Lamegon 4/115
G. Würtz
Gegen Ende des Jahres 1962 entstand im Jenaer Werk der
erste Prototyp einer neuen Luftbildmeßkammer für Weitwin
kelaufnahmen mit einer Nennbrennweite von 115 mm und
einem Bildformat von 18 cmx 18 cm. Das als MRB 11,5/1818
bezeichnete Gerät (Bild 1) ist mit einem zehnlinsigen neu ge
rechneten Hochleistungsobjektiv Lamegon 4/115 ausgestattet
(Bild 3), das mit seiner hohen Lichtstärke nicht seinesgleichen
hat. Dadurch wird die Einsatzmöglichkeit des Gerätes in
bezug auf Flüge aus geringer Höhe bei hoher Fluggeschwindig
keit sowie in bezug auf die noch verwendbare Objekthelligkeit
beachtlich erweitert.
Das Leistungsvermögen des neuen Objektivs wurde an neuen
fotografischen Prüfgeräten des Jenaer Werkes [4] hinsichtlich
der hauptsächlichsten charakteristischen Eigenschaften ge
prüft. Die Ergebnisse beweisen die hohe Präzision der Objektiv
fertigung, die sich außer in der erreichten hohen Bildqualität
vor allem in der geringen Verzeichnung widerspiegelt (Bild 4).
Die Lichtverteilung in der Bildebene für die volle Öffnung ent
spricht etwa dem cos 4 r. So beträgt die Beleuchtungsstärke
bei einem Achsenwinkel von r = 48 ? noch 30% derjenigen
in der Bildmitte. Zur Steigerung der Leistungsfähigkeit in
Fällen von mehr als ausreichender Objekthelligkeit und zur
Erweiterung der Belichtungsspanne sind einstellbare Blenden
zwischen dem Blendenzahlenbereich von 4 bis 8 in Aussicht
genommen worden.
Bei der übrigen Ausstattung der neuen Luftbildmeßkammer
ist auf Grund inzwischen gewonnener Erkenntnisse und an
uns herangetragener Wünsche gegenüber der früher ent
wickelten Luftbildmeßkammer MRB 21/1818 eine Reihe be
achtlicher Verbesserungen eingeführt worden, die für den Fort
schritt in der photogrammetrischen Technik von Nutzen sein
werden. An den bewährten Einrichtungen der MRB 21/1818
wurde festgehalten [3]. Es sind dies der elektrisch betriebene,
temperaturunabhängige Drehscheibenverschluß mit konti
nuierlich nach Skalenanzeige regelbaren Verschlußzeiten von
0,01 s bis 0,001 s und einem Wirkungsgrad von über
80 %, die künstlich im Moment der Aufnahme beleuchteten
Rahmenmarken in Form von hellen und dunklen konzentri
schen Ringen und die parallel zu den Formatseiten angebrach
ten Glasmaßstäbe mit Marken zur Kontrolle und Berücksichti
gung des Filmschrumpfes. Diese sind jetzt als Kreuzmarken
ausgeführt, so daß es möglich ist, die Dimensionsänderungen
des Filmes in Abständen von 10 mm zu 10 mm quer über das
Bildformat zu bestimmen.
Die Bedienung der Luftbildmeßkammer erfolgt wie bisher von
dem für beide Kammertypen verwendbaren Steuergerät
(Bild 2) aus, das die an diesem korrigierte Abtrift automatisch
auf die Meßkammer überträgt, und dessen optische Einrich
tung eine zwangsfreie Betrachtung des überflogenen Geländes
erlaubt. Durch Horizontierbarkeit des Steuergerätes in einer
dafür entwickelten Aufhängung mit drei Stellschrauben nach
Libellenanzeige und mit Hilfe einer auf dem Linsenscheitel
derFeldlinse angebrachten Visiermarke lassen sich gezielte Auf
nahmen mit großer Sicherheit ausführen. Neu ist auch die
Sichtanzeige für die Bildfolge am linken Rand der Feldlinse
(Bild 2), bei der ein gegenüber festen Marken umlaufender In
dex die Einschätzung der noch verfügbaren Zeit bis zur Aus
lösung des Belichtungsimpulses ermöglicht. Außerdem ge
stattet das Schaltsystem, über einem bestimmten Punkt ver
zögerungsfrei mit Reihenaufnahmen zu beginnen und zwischen
den Reihenaufnahmen durch Druck auf einen Knopf Einzel-
aufnahmen auszulösen. Die Bildüberdeckung läßt sich bei
sinnvoller Abstufung zwischen 20 % und 90 % einstellen, und
der Bildfolgezyklus konnte auf einen Kleinstwert von 2 s ver
kürzt werden.
Durch den Einbau eines leistungsstärkeren Gebläses wird die
Sicherheit für eine einwandfreie Planlegung des Filmes vor
der Aufnahme erhöht. Die Filmkassette für 120 m Film ist für
eine Breite von 200 mm ausgelegt worden; durch eine einfache
Umstellung ist es möglich, auch Filme mit einer Breite von
190 mm zu verwenden, doch ist in diesem Fall nicht mehr die
Gewähr für die Benutzbarkeit der Schrumpfungsmarken ge
geben, da diese dann sehr nahe an den Filmrand zu liegen
kommen.
Intensive Erprobungen unter Flugbedingungen führten zu
einer grundlegenden Änderung der alten Aufhängung in der
Weise, daß nunmehr der Schwerpunkt der Luftbildmeßkammer
in der wirksamen Aufhängungsebene liegt (Bild 1). Außerdem
nimmt die Grundfläche weniger Platz ein.
Als besondere Hilfe für die Filmverarbeitung wird erstmalig
auf jeder Aufnahme innerhalb des Registrierstreifens ein
Stufengraukeil mit einem nutzbaren Feld pro Stufe von
3,4mm X 3,4mm abgebildet. Der Schwärzungsanstieg von Stufe
zu Stufe beträgt 0,3 log. Einheiten. Damit fand ein auf dem
VIII. Kongreß der ISP vorgetragener Wunsch Berücksichti
gung. Das gleiche trifft auch für den neuerdings eingebauten,
auf Null zurückstellbaren Bildzähler zu.
An das Steuergerät läßt sich der ebenfalls neuentwickelte
photoelektrische Belichtungsmesser „Aerolux“ [5] ansetzen.
Die zahlreich durchgeführten Flugerprobungen bestätigten die
in das neue Gerät gesetzten Erwartungen. Es seien daher einige
Ergebnisse mitgeteilt, die das Leistungsvermögen charakteri
sieren und die bisherigen Veröffentlichungen bereichern. Die
Flüge sind mit unserem Erprobungsflugzeug, einer zweimoto
rigen Verkehrsmaschine vom Typ IL-14, ausgeführt worden.
Die Fluggeschwindigkeit betrug 240 km/h. Für die Prüfung
des Auflösungsvermögens dienten am Boden ausgelegte
schwarze Tücher mit aufgenähten, grau eingefärbten Drei-
Linien-Testgruppen nach ISP-Standard. Der Kontrast der
Linien zum Untergrund beträgt 0,85. Zur Erfassung der geo
metrischen Eigenschaften stand uns ein Testfeld mit 69 ver
markten und signalisierten Festpunkten zur Verfügung, die
analog zu den beiden Bilddiagonalen und Rahmenachsen des
Meßbildes nach dem Vorschlag von Voss [1] auf vom Zentral
punkt beginnenden Strahlen gleichmäßig verteilt liegen. Sie
sind auf + 2 cm geodätisch bestimmt worden. Das Gelände
ist ideal eben. Alles weitere ist der Tabelle, dem Bild 5 und den
dazu gegebenen Erläuterungen zu entnehmen.
1. Auflösungsvermögen unter Flugbedingungen bei voller
Öffnung
Die in der Tabelle enthaltenen Bezeichnungen bedeuten: SW
panchr. = Orwo-Aeropan-Film 17° DIN und Color = Orwo-
Color Neg. UT-Film, beides Produkte der Filmfabrik Wolfen,
t und r = tangential und radial zur Flugrichtung gelegene
Drei-Linien-Testgruppen, G2 = Gelbfilter mit einer Wellen
länge der Filterkante von 500 nm.