Hofmann, Eine strenge Lösung der Affinauswertung in Zweibildkartiergeräten
BuL 3/1964
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Eine strenge Lösung der Affinauswertung in Zweibild
kartiergeräten
Von Dr.-Ing. Otto Hofmann, München
1. Einführung
Die Schaffung extrem kurz- und langbrennweitiger Aufnahmeobjektive in der Bildmessung führte
zwangsläufig zu dem Wunsch nach entsprechenden Auswertegeräten. Dabei zeigte sich, daß ent
weder die sehr großen Bildwinkel oder die übermäßigen Dimensionen der Auswertekammern erheb
liche technische Schwierigkeiten bereiten, sofern man bei der „klassischen“ Art der Auswertung
mit formtreuen Strahlenbündeln und strenger Wiederherstellung der inneren und äußeren Orien
tierung bleibt.
Mit Hilfe der sogenannten „Affinauswertung“ kann man diese Probleme lösen, indem man die
Meßbilder mit Kammerkonstanten auswertet, die eine mittlere, technisch bequem zu beherrschende
Größe haben, und die infolgedessen von der Aufnahmebrennweite um den Affinitätsfaktor k er
heblich abweichen. In den Einbildentzerrungsgeräten hat man diesen Weg seit Jahrzehnten beschrit
ten, ihn auch in den stereoskipischen Auswertegeräten einzuschlagen, hat man sich bisher aus Grün
den der Genauigkeit und des Aufwandes gescheut. Nun wurden bereits Vorschläge in dieser Richtung
gemacht, und es sind auch Geräte konstruiert und gebaut worden, die mit mehr oder weniger Erfolg
die Möglichkeiten der Affinauswertung nutzen. Als einzige strenge und technisch ausgeführte Lösung
dieser Art ist bisher der Stereoprojektor von Romanowski bekannt geworden. Im folgenden soll ein
Vorschlag zur strengen Affinauswertung unterbreitet werden, der von konventionellen Zweibild
kartiergeräten mit mechanischer Projektion ausgeht.
2. Theoretische Grundlagen
Es ist bekannt, daß durch Dezentrierung des Meßbildes im Auswertegerät in Richtung der Nadir
distanz eine gute Näherungslösung der Affinauswertung herbeigeführt werden kann. Dieses von
russischen Photogrammetern entwickelte Prinzip ist Gegenstand ausführlicher Untersuchungen, wie
sie von K. Hubeny, C. Frischmuth, Rüdiger Finsterwalder u. a. durchgeführt wurden.
Unabhängig voneinander und etwa zur gleichen Zeit zeigten K. Hubeny und R. Gerlach welcher
Art die verbleibenden Restfehler zwischen der Ist- und der Soll-Lage von Bildpunkten in der Bild
ebene sind. An diese Erkenntnisse wird im folgenden angeknüpft, und sie werden einer einfachen
instrumenteilen Lösung zugeführt.
Im Bild 1 sind für eine strenge Affinauswertung die Verhältnisse dargestellt, wobei die Zeichen
ebene mit dem Hauptschnitt in Azimutrichtung der Nadirdistanz identisch ist. Die Lotrichtung ist
zugleich Affinitätsrichtung, die Affinitätsachse läuft horizontal durch das Perspektivitätszentrum 0
und die Bildhorizontale S. Den Affinitätsgesetzen folgend, liegen sowohl !m Bild- als auch im Modell
raum die aff.n-verwandten Punkte jeweils in einer Vertikalen, und sämtliche lotrechten, einander
entsprechenden Strecken stehen streng im Verhältnis des Affinitätsfaktors
k _ PoP' _ tg v’
PoP tg v
Dies gilt gleichermaßen im Bild und Modellraum, das Modell ist somit um diesen Faktor k in
vertikaler Richtung gestreckt oder gestaucht und es besteht zwischen dem Höhenmaßstab M h und
dem Lagemaßstab Ml die Beziehung
M H
(1)
k -
M]
(2)
Im Bildraum geht die Originalbildebene 93 ind ie Affin-Lage 93' über, das affine Bild der Bildstrecke
PS ist die Strecke P’S, dem ursprünglichen Projektionsstrahl POPm entspricht nunmehr der affin-