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Die Bildstrecke (H') (N') ist länger als H' N', und zwar gilt
allgemein:
WYÍÑ 7 ) = H’ N' - C -° S v (23)
cos (v)
Bei den bisherigen Anwendungen der Theorie der umgeformten
Strahlenbündel ist man so vorgegangen, daß
1. näherungsweise — = Je gesetzt wurde
Cfc
2. die Dezentrierung des Meßbildes manuell und iterativ nach
der Näherungsgleichung (22) vorgenommen wurde
3. keine Berücksichtigung des durch affine Bildlängung ver
ursachten Fehlers erfolgte.
Hier mußten ganz erhebliche Fehler in Kauf genommen werden.
Über ihre Größe gibt die Tabelle 1 auf Seite 18 Auskunft.
Es ist wohl kaum verwunderlich, daß diese Auswertemethode
in dieser Form nicht befriedigte; es ist jedoch unverständlich,
warum man sie nicht weiter verfolgt hat. In ihrer Variation,
wie sie jetzt am Stereometrograph zur Anwendung kommt,
werden die Restfehler in Grenzen gehalten, die für die Aus
wertung unbedeutend sind.
Am Stereometrograpli ergibt sich mit Hilfe der beschriebenen
automatischen Dezentrierungseinrichtung folgendes Arbeits
verfahren, das die oben aufgezählten Fehler im ‘wesentlichen
vermeidet.
1. Wahl eines entsprechenden Affinfaktors Je, der den in der
Auswertemaschine möglichen Übersetzungsschaltungen zwi
schen Lage- und Höhenmaßstab entspricht und den maxi
malen Bildwinkel des Stereometrograph von ca. 95^ aus
nutzt. Beim Standardbildformat 18 cmX 18 cm sind das für
Cfr = 36 mm Je = 2,5; = 55 mm Je = 1,6; = 70 mm Je =
1,3; Cfc = 97 mm • • • 215 mm Je = 1; c# = 300 mm Je = 0,7.
In erster Näherung wird c a — Je gesetzt.
2. Nach konventioneller Methode der genäherten gegenseit igen
und absoluten Orientierung erfolgt
a) die Korrektur der Einstellgröße C der Dezentrierungs
mechanismen [nach Gl. (19)] anhand vorhandener Tabellen
und Diagramme [mit den Argumenten Je, (cp), (ft))].
b) die Korrektur der eingestellten c re -Werte der beiden Pro
jektionskammern um A c a , wie dies Bild 15 zeigt. Durch Pa
rallelverschiebung der Bildebene (58) nach (3$) kann man das
Originalmeßbild optimal in das deformierte Strahlenbündel
einpassen. Auch diese Änderung von c a können den der Aus
rüstung beigegebenen Tabellen [mit den Argumenten Je, (cp),
(ft))] entnommen werden.
3. Die Positionen 1. und 2. müssen so lange wiederholt werden
bis die für die Verbesserungen erhaltenen Werte unter der
Einstellgenauigkeit des Stereometrograph liegen.
Die zulässigen Nadirdistanzen für das Originalmeßbild sollen
sich nach Möglichkeit in folgenden Grenzen halten (bezogen
auf Bildformat 18 cmX 18 cm):
Konstante
Aufnahmekammer (mm)
36
55
70
100 1
,1
zulässige Nadirdistanz
( g )
2
3
4
Unter Beachtung des geschilderten Arbeitsverfahrens und
Einhaltung der empfohlenen maximalen Nadirdistanz (die
übrigens auch weitgehend durch die Gesetze der stereoskopi
schen Wahrnehmung in dieser Größenordnung vorgeschrieben
werden) ergeben sich in Gegenüberstellung zur Tabelle 1, die
in der Zusammenstellung der Tabelle 2 aufgeführten Rest
fehler.
Wenn wir die für den Stereometrograph beschriebene Lö
sung mit den beiden vorher dargestellten Affinauswertege-
räten vergleichen wollen, so müssen wir folgende Gesichts
punkte betrachten:
1. Im Stereometrograph werden Meßbilder im Normal -
und Weitwinkelbereich mit Wiederherstellung des Aufnahme
strahlenbündels bei der Auswertung bearbeitet. Restfehler von
mechanischen Zusatzrechnern kommen in diesem Bereich
nicht in Betracht.
2. Beim Stereometrograph sind zur Erreichung optimaler
Ergebnisse nur bei Meßbildern, die außerhalb des Normal-
und Weitwinkelbereiches liegen, mittelbare Orientierungs
elemente zu benutzen, deren Einstellungen iterativ bestimmt
werden müssen. Es sind insgesamt 8 von (cp) und (ce) abhängige
Orientierungselemente vorhanden.
3. Im Stereometrograph können praktisch auch Meßbilder
mit Konstanten bis 300 Millimeter ausgewertet werden.
4. Die im Stereometrograph vorhandenen Kompensations-
rechner arbeiten nur während des Orientierungsvorganges.
Während der Auswertung selbst befinden sich alle ihre Teile
in einem stationären Zustand (im Gegegensatz zum SPR-2
und SD); sie können also auch keine zusätzlichen Fehler (z. B.
gefürchtete Los ( e und Umkehrfehler) bei der Auswertung her-
vorrufen.
Wir meinen, daß diese Eigenschaften dem Stereometrograpli
einen guten Start für die Auswertung von Überweitwinkel
meßbildern und Meßbildern mit extrem großer Bildkonstanten
garantieren sollten.
Schrifttum
Frischmuth, C. : Zur Auswertung von Luftbildpaaren mit
veränderter Kammerkonstante. Jenaer Jb. 1960/11.
Gerlach R.: Beitrag zur photogrammetrischen Ausmessung
von Bildpaaren mit affin überhöhtem Modell. Vermessungs-
techn. 1962/10.
Schoeler H.: Über einige Probleme der Photogrammetrie
und des photogrammetrischen Instrumentenbaues. Bildmes
sung u. Luftbildwes. 1958/4 u. 1959/1.
Schoeler H.: Einige Bemerkungen zum Stereoprojektor
Romanowski SPR-2. Vermessungstechn. 1961/10.
Schoeler H.: Über den Aufbau und die Wirkungsweise des
Stereographen SD. Vermessungstechn. 1962/9.
Schoeler H.: Erweiterung des Anwendungsbereiches des
Stereoautographen. Jena-Nachr. Sonderband des Kompen
diums Photogrammetrie VI (Dez. 1963) S. 124—128.
Zusammenfassung
Es wird von der Notwendigkeit der praktischen Verwendung
von Luftbildmeßkammern mit Kammerkonstanten zwischen
300 Millimeter und 36 Millimeter ausgegangen. Es ist deshalb
notwendig, den bisher fast ausschließlich erörterten und prakti
zierten Fall der Wiederherstellung der Aufnahmestrahlen
bündel bei der Auswertung als einen Sonderfall anzusehen.
Am Beispiel der sowjetischen Geräte SPR-2 und SD wird die
reine Affinauswertung nach vorausgegangener mechanischer
Bildentzerrung demonstriert. Eine neue Baustufe des Stereo
metrograph aus JENA verwendet außerhalb der Auswertung
im Normal- und Weitwinkelbereich die Theorie der umgeform
ten Strahlenbündel, wobei die bisher erheblichen Restfehler
bis zur praktischen Bedeutungslosigkeit kompensiert werden.
Erreicht wird dies mit einer mechanisch arbeitenden Dezen-