RüPkE, Neue Erfahrungen mit der photogrammetrischen Vermessung von Watten
Dagegen ist die Wasserlinie selbst in weich kopierten Infrarot-Bildérn stets mühelos zu identifi-
zieren. Der Kontrast zwischen Wasser und Land ist hier auch an dunklen schlickigen Stellen genügend
groD, da der Infrarot-Film den Schlick heller wiedergibt als der Pan-Film (Bild 2 und 3).
Versuche mit Agfacolor-Negativfilm für Luftaufnahmen, die ebenfalls im Jahre 1965 in der Eider-
mündung durchgeführt wurden, haben gezeigt, daß der Farbfilm bezüglich der Identifizierbarkeit
der Wasserlinie gegenüber dem Schwarzweif-Film keine Vorteile bietet. Die Herstellung groDfor-
matiger Farbentzerrungen verbietet sich aus wirtschaftlichen Gründen; auch die Kombination von
Color-Negativfilm mit schwarzweiDem Positivmaterial läBt keine Vorteile erkennen.
3.5 Genauigkeit
Die innere Genauigkeit der Formlinien ist außerordentlich hoch. Sie übertrifft die Genauigkeit,
mit der terrestrische Vergleichsmessungen möglich sind [3]. Die äußere Genauigkeit ist naturgemäß
geringer, da die Wasseroberfläche keine Ebene darstellt, sondern unter dem Finfluß des Windes und
des Gezeitenstromes äußerst unregelmäßig geformt sein kann.
Die Form des Wasserspiegels läßt sich mit einer wirtschaftlichen Zahl von Pegeln nicht in allen
Einzelheiten erfassen, so daß man sich in der Regel darauf beschränken. wird, nur das Haupt-Spiegel-
gefälle zu berücksichtigen (vgl. Bild 11).
Um systematische Höhenfehler weitgehend auszuschalten, empfiehlt es sich, zusätzlich zu den er-
wähnten Pegelbeobachtungen die Höhen einzelner nicht signalisierter Höhenpaßpunkte heranzuzie-
hen. Diese fallen bei der stets erforderlichen Einwägung der speziell für den Bildflug gesetzten
Pegel nebenbei mit ab, wenn längs des Nivellementsweges einzelne Wechselpunkte auch der Lage
nach bestimmt werden, Das kann auf einfachste Weise mittels eines mit einem Sextanten ge-
messenen Rückwärtseinschnittes erfolgen.
D. GROTHENN [3] leitet die so erreichbare äußere Genauigkeit einer aus Formlinien interpolierten
Hôhenlinie im KartenmaBstab 1 : 5000 zu
mg = + 0,0016 + 9 tan? « [Meter]
ab (x — Gelündeneigung). Im flachen Watt mit einer durchschnittlichen Neigung von 0,1 9% ent-
spricht das einem mittleren Hóhenfehler von +4 cm.
In dem Versuchsgebiet Eidermündung (vgl. Abschnitt 3.1), dem auch die Bilder 11 und 12 ent-
nommen sind, ergibt sich für das mittels des Wasserlinienverfahrens konstruierte Hóhenlinienbild
ein mittlerer Hóhenfehler von + 7 cm. Dieser Wert wurde aus dem Vergleich der nivellitisch bestimm-
ten Hóhen von 59 nicht signalisierten Vergleichspunkten mit ihren aus dem Hóhenlinienbild inter-
polierten Hóhen ermittelt. Bei der Konstruktion der Hóhenlinien waren lediglich die Pegelbeobach-
tungen, nicht aber zusátzliche HóhenpaDpunkte benutzt worden. Die Geländeneigung in dem unter-
suchten Gebiet betrug 0,1 bis 4%.
Für die Verwendung der Wattkarten zur Ermittlung von Massenbewegungen im Watt ist es von
Interesse, die Flächen zu untersuchen, die von den einzelnen Höhenlinien umschlossen werden. Ein
Vergleich der terrestrisch und photogrammetrisch erstellten Höhenlinienbilder ergab Abweichungen
von durchschnittlich 4 95.
Auf Grund früherer Erfahrungen [3] ist es durchaus zweifelhaft, wie weit die angeführten Differen-
zen zu Lasten der photogrammetrischen Aufnahme gehen, da auch eine nivellitische Gelündeauf-
nahme nicht fehlerfrei sein kann und die Konstruktion von Hóhenlinien gerade bei einer punktweisen
Aufnahme in flachem Gelände äußerst unsicher ist. Infolge des Zeitunterschiedes zwischen dem Bild-
flug und der nivellitischen Vergleichsaufnahme, der bis zu zwei Monaten betrug, ist es außerdem
wahrscheinlich, daß ein Teil der hier als Fehler des photogrammetrischen Aufnahmeverfahrens
behandelten Abweichungen auf tatsächliche Veränderungen des Watts zurückzuführen ist.
Die bisherigen Erfahrungen erlauben es, das Wasserlinienverfahren als ein wirtschaftliches und
genügend genaues Aufnahmeverfahren für die Herstellung topographischer Wattkarten in den MaB-
stáben 1 : 5000 und kleiner anzusehen, das geeignet ist, die Feldarbeitszeit wesentlich herabzusetzen.
108 BuL 3/1966