Full text: Commissions V, VI and VII (Part 6)

STEREOPHOTOGRAMMETRIE IN DER MIKROSKOPIE, HUBENY 19 
Der zweite Teil der relativen Orientierung soll den Konvergenzwinkel der beiden 
Parallelprojektionen ergeben. Liegt die Orientierung der Teilbilder in den Bildebenen 
bereits vor, so führt jede beliebige Annahme für diesen Winkel zu einem parallaxfreien 
Modell, wobei dieses jedoch gegenüber seiner Soll-Form affine Verzerrungen erleidet, die, 
wie man den Formeln (11) und (12) leicht entnimmt, sowohl in der x- als auch in der 
y-Richtung des räumlichen Koordinatensystems stattfindet. Ist nun das wahre Verhältnis 
zweier unterschiedlichen Verzerrungen unterworfener Strecken innerhalb des Modells 
bekannt, so kann jener Winkel y ermittelt werden, der das vorgegebene Streckenverhält- 
nis erzeugt. Die rechnerische Formulierung hiefür ergibt sich mit der Berechnung der 
Raumstrecken etwa aus (11), für die das vorgegebene Streckenverhältnis zu bilden und 
hieraus der Konvergenzwinkel zu berechnen ist. 
Die benötigten Streckenverhältnisse können zufolge der Kleinheit der Objekte elek- 
tronenmikroskopischer Aufnahmen kaum jemals durch direkte Messungen den Objekten 
entnommen werden, jedoch bietet nach einem Vorschlag von Dr. Grasenik die Mitabbil- 
dung z.B. bekannter Kristallstrukturen eine Möglichkeit, derartige Streckenverhältnisse 
zu definieren. Aus naheliegenden Gründen und soferne eine Auswahl überhaupt möglich 
ist, wird man der Vergleichung von ungefähr in den Hauptverzerrungsrichtungen liegen- 
den Strecken den Vorzug vor anderen Richtungen einräumen. 
Die Ermittlung des absoluten Betrages der Vergrößerung — der einzige Schritt inner- 
halb der absoluten Orientierung — ist möglich, wenn für eine Strecke des Objektes deren 
wahre Größe gegeben ist (Vergleichung des Soll- und des Istbetrages dieser Strecke). 
Mit einigen Bemerkungen soll abschließend etwas auf die Problematik der Auswer- 
tung eingegangen werden. Handelt es sich um nur wenige auszuwertende Punkte (z.B. zur 
Feststellung von Kristallisationswinkeln u.a.) so wird man nach der stereoskopischen 
Ausmessung in einer vorläufigen Orientierung sowohl die gegenseitige Orientierung als 
auch die anschließende Auswertung rechnerisch vollziehen; wünscht man hingegen eine 
mechanische Auswertung vorzunehmen, so steht neben der Benützung einer schon beste- 
henden Konstruktion eines Auswertegerätes die Möglichkeit offen, auf photographischem 
Wege zunächst die Angleichung der Maßstäbe der beiden Teilbilder herbeizuführen, die- 
sen die entsprechende Orientierung zu erteilen und nunmehr die kontinuierliche stereo- 
skopische Ausmessung vorzunehmen. Hier bieten sich mancherlei konstruktive Möglich- 
keiten für den Bau einfacher Kartiergeräte; es sei in diesem Zusammenhang nur an eine 
im Anschluß an die Entwicklung der Formeln (11) angeführte Bemerkung erinnert, 
wonach den Ebenen x — const. und y — const. konstante Summen und Differenzen der 
Bildabszissen entsprechen; gleichsinnige und gegenláufige Steuerungen der stereoskopi- 
schen Mefimarken ergeben daher in einfachster Weise Schnitte des Objektes in zwei zu- 
einander senkrechten Richtungen [8]. Auch die Formeln (13) kónnen mechanisch aus- 
gewertet werden, wodureh man auf ein Teilbild bezogene kotierte Projektionen bzw. eine 
räumliche Darstellung in Schichtenlinien erhält. 
Zusammenfassend wird man sagen dürfen, daß die eigentliche Problematik der elek- 
tronenmikroskopischen Raumbildmessung einerseits in der möglichst exakten Erfassung 
des Konvergenzwinkels, andererseits in der Entwicklung einfacher Methoden der stereo- 
skopischen Auswertung liegt. Gerade diese letztere Feststellung wirft einen großen Teil 
jener Fragen auf, die mit der Anwendung der Photogrammetrie außerhalb der Topogra- 
phie verbunden sind: Die Probleme liegen eigentlich weniger in den Lösungen an sich, 
sondern darin, daß dem in der Regel fachfremden Benützer der entwickelten Methoden 
jene Hilfsmittel zu schaffen sind, die eine möglichst einfache und sichere Handhabung 
derselben gewährleisten. Für die Benützung photogrammetrischer Methoden in der Licht- 
und Elektronenmikroskopie scheinen diese Voraussetzungen — sei es nun auf den vorste- 
hend angedeuteten oder auf anderen Wegen - in einer für die Praxis annehmbaren Form 
gegeben zu sein. 
 
	        
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