Full text: Commissions V, VI and VII (Part 6)

Die landeskundliche Luftbildauswertung in Deutschland 
Von Sigfrid Schneider, Remagen 
Mit zwei Tafeln 
„Hüten wir uns vor dem Fehler, Luftbilder nur auszumessen, 
ohne sie unter Beachtung aller Möglichkeiten auszunutzen.“ 
(Prof. Dr. Kneißl in einem Vortrag auf den 
Münchener Photogrammetrischen Wochen 1955) 
Das Luftbild ist heute als umfassendes Erkundungs- und Darstellungs- 
mittel in der Landesforschung anerkannt, vor allem bei der systematischen 
Aufnahme großer Flächen. Nicht nur in der Ausmessung des stereoskopischen 
Geländemodells für die Kartenherstellung, sondern auch im Identifizieren 
und in der Interpretation des reichen Bildinhaltes zeigt sich die vielseitige 
Anwendbarkeit des Luftbildes in den Erdwissenschaften. Die Wechsel- 
beziehungen, wie sie z. B. zwischen Gestein und Relief, Boden und Pflanzen- 
decke, Klima und Gewässer, Bodenschätzen, Industrie, Siedlung und Ver- 
kehrswesen vorhanden sind, werden im Luftbild über weite Flächen in ihrer 
Gesetzmäßigkeit deutlich. Auf dieser weitgespannten Synopsis beruht die 
eigentliche Leistungsfähigkeit der Luftbildinterpretation; sie erfordert Erfah- 
rung und Kombinationsgabe. Ein vielseitig ausgebildeter Geograph wird in 
der Luftbildauswertung eine spezielle Aufgabe und eine Bereicherung und 
Vertiefung der Erkenntnismöglichkeiten sehen. 
In den 30er Jahren, als die technische Entwicklung der Aufnahme- und 
Auswertegeräte große Fortschritte gemacht hatte und Luftbilder für For- 
schungszwecke in genügender Menge zur Verfügung standen, fand die Wert- 
schätzung der Luftbildinterpretation besonders in der Geographie ihren 
Niederschlag. Die Arbeiten von Carl Troll !), die auf die vielfachen Nutzungs- 
môglichkeiten und weltweiten Erfahrungen mit dem Luftbild hinwiesen, die 
von Hans Bobek?) aus einem weiten Raum zwischen Grônland und Sinai 
vorgelegten und geomorphologisch ausgewerteten Luftbilder, die Forderung 
nach einer Luftbildsammelstelle auf der 110-Jahresfeier der Gesellschaft für 
Erdkunde zu Berlin im Jahre 1938, die Bildung eines von Carl Troll ge- 
leiteten Ausschusses zur Förderung der Luftbildforschung ?), die Begründung 
einer aero-limnologischen Zentrale durch E. Wasmund *) im Jahre 1930 
mógen als Auswahl von Beispielen und Zeugnissen für den frühzeitigen 
Wunsch angesehen werden, die Luftbildinterpretation in die Landeserfor- 
Schung einzubeziehen. 
Zu Beginn des Jahres 1942 werden zwei Stellen in Deutschland durch das 
Luftfahrtministerium mit der Sammlung von Luftaufnahmen 
für die wissenschaftliche Interpretation beauftragt. Die wissenschaftliche 
Luftbildstelle der Deutschen Geographischen Gesellschaft bei der Gesell- 
schaft für Erdkunde zu Berlin 5) sollte vor allem die Vermittlungsstelle für 
auDerdeutsches Luftbildmaterial sein und der weltweiten vergleichenden 
geographischen Forschung dienen. Die Abteilung für Landeskunde im 
Reichsamt für Landesaufnahme — das heutige Institut für Landeskunde — 
sollte ein ,Luftbildarchiv zur deutschen Landeskunde“ $) aufbauen und allen 
Behórden und landeskundlich arbeitenden Stellen und Forschern zur Inter- 
pretation und Auswertung zur Verfügung stellen. Beide Bildstellen führten 
ihre Aufgaben in engster Fühlungnahme miteinander durch. 
Das 1942 angelegte Luftbildarchiv zur deutschen Landes- 
kunde, das bei Kriegsende zwar stark litt, aber in seinem Kern erhalten 
blieb, bildet noch heute den Grundstock der Luftbildsammlung des Instituts 
für Landeskunde. Wenn auch die Luftbilder aus jener Zeit heute im Durch- 
schnitt 20 Jahre alt sind, werden sie immer wieder als wertvolles Vergleichs- 
material für Untersuchungen über Natur- und Kulturlandschaftsverände- 
rungen herangezogen und für spezielle Forschungsaufgaben (z. B. Küsten- 
forschung) reproduziert, weil die Originale nicht mehr erhalten sind. Die 
Sammlung, die zwar laufend ergänzt wird, leider jedoch noch nicht wieder 
1 Troll, Carl: Luftbildplan und ökologische Bodenforschung. In: Z. d. Ges, f. 
Erdkde zu Berlin. Jg. 1939, H. 7/8, S. 1—58. 
? Bobek, Hans: Luftbild und Geomorphologie. In: Luftbild u. Luftbildmessung. 
Nr 20, Berlin 1941. S, 8—161. 
3) Troll, Carl: Die geographische Wissenschaft in Deutschland. In: Erdkunde. 
Bd 1, 1947, 1—3. S. 11. 
4 Wasmund, E.: Illuft. Begründung einer Aero-Limnologischen Zentrale. In: 
Arch. f. Hydrobiologie. Bd 21, 1930. S. 502—536. 
5) Bobek, Hans: Begründung einer wissenschaftlichen Luftbildstelle der Deut- 
schen Geographischen Gesellschaft bei der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. 
In: Z. d. Ges. f. Erdkde zu Berlin. Jg. 1942, 9/10. S. 372—374, 
6) Meynen, Emil: Landeskundliche Auswertung des Luftbildes. Bildarchiv der 
deutschen Landeskunde bei der Abteilung für Landeskunde im Reichsamt für 
Landesaufnahme. In: Ber, z. dt. Landeskde. Bd 3, 1943, 2. S. 129—130. 
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