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II. Abschnitt. 6. Die Wasseraufnahme seitens der Pflanzen. 85
Wasseraufnahme dann keine weiteren Schwierigkeiten in den Weg.!) Viel ver-
wickelter werden die Erscheinungen, wenn sich die Wurzeln in Berührung mit
Bodenmassen befinden.”) Die einzelnen Bodenelemente (Skelett- und Feinerde
theilchen) lassen zwar Hohlräume zwischen sich, die zu bestimmten Zeiten mit
Wasser angefüllt sein können, welches dann natürlich auch von den Wurzeln
aufgenommen wird, aber viele Pflanzen, z. B. die meisten unserer Culturgewächse,
gedeihen in einem völlig mit Wasser durchtränkten Boden nicht normal, sondern
entwickeln sich nur dann üppig, wenn die Hohlräume des Bodens wenigstens für
gewöhnlich Luft und keine Flüssigkeit enthalten. Somit leuchtet ein, dass die
Wasser aufnehmenden Wurzelzellen (Wurzelhaare etc.) die Fähigkeit besitzen
müssen, den compacten Bodenbestandtheilen Feuchtigkeitsmengen zu entziehen.
Die Skelett- und Feinerdepartikelchen umgeben sich, wenn sie mit Wasser in
Wechselwirkung gerathen, mit Flüssigkeitshüllen. Sie halten das Wasser durch
Adhäsionskräfte fest, und die Wurzeln können die Flüssigkeit erst nach Ueber-
windung dieser Kräfte aufsaugen. Die sich unmittelbar bei der Wasserauf-
nahme seitens der Wurzeln geltend machenden Prozesse sind immer Imbibitions-
vorgänge. Transpirren die Gewáüchse stark, so wird den Wurzelzellen das
Wasser, welches sie bereits aufgenommen, schnell entzogen. Die Imbibitions-
fähigkeit der Membranen der Wurzelzellen kann sich in Folge dessen aufs Neue
geltend machen, und die Wasserverdunstung der Pflanzen ruft auf diesem Wege
eine fortdauernde Wasseraufnahme aus dem Boden hervor. Bei schwacher oder
gänzlich unterdrückter Transpiration der Gewächse kommen sehr häufig in den
Wurzelzellen selbst, wie später eingehender gezeigt werden soll, Druckkräfte zu
Stande, Dieselben verdanken osmotischen Vorgängen ihre Entstehung, und man
sieht also bei einiger Aufmerksamkeit, dass den Membranen der aufsaugenden
Wurzelzellen unter bestimmten Umständen auch durch osmotische Prozesse
Wasser entzogen werden kann, welcher Vorgang ebenfalls schliesslich zu einer
erneuten Flüssigkeitsaufnahme von aussen führen muss.
Es ist bereits oben betont worden, dass sich die Bodenpartikelchen in Con-
tact mit Wasser mit Flüssigkeitshüllen umgeben. Die gröberen Bodenelemente
werden natürlich relativ weniger Wasser in Folge von Adhäsionswirkungen fest-
halten als die feineren, und überdies ist zu bemerken, dass die einzelnen Theile
der die Bodenelemente umgebenden Wasserhüllen von denselben nicht mit
gleicher Energie angezogen werden. Auf die Theilchen der äusseren Regionen
der Wasserhüllen üben die Bodenpartikelchen schwächere Anziehungskräfte als
auf diejenigen aus, welche ihnen näher liegen, und diese letzteren können ihnen
in Folge dessen nicht so leicht wie die ersteren entzogen werden. Je feinkörniger
das Bodenmaterial, je grösser also die zur Wirkung kommende Gesammtoberfläche
des Bodenmaterials ist, um so grössere Wassermengen werden von diesem letzteren
!) Ebenso gestalten sich die Verhältnisse der Wasseraufnahme für die Luftwurzeln, die
bekanntlich bei Baumfarnen, Aroideen und Orchideen etc. vorkommen, sehr einfach. Das den
genannten Organen direkt oder in Folge von Thaubildung zugeführte Wasser kann ohne
Schwierigkeiten von denselben aufgenommen werden.
?) Dasjenige, was im Folgenden gesagt wird, hat ebenso Bedeutung für die Beurtheilung
derjenigen Vorgänge, die sich bei der Wasseraufnahme solcher Pflanzen geltend machen, die,
wie z. B. die Muscineen, keine Wurzeln, sondern nur Wurzelhaare besitzen. Ferner wird es hier
keiner besonderen Auseinandersetzungen über die Wasseraufnahme der Thallophyten (Algen und
Pilze) und der parasitisch lebenden Pflanzen bedürfen.