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II. Abschnitt.
6. Die Wasseraufnahme seitens der Pflanzen. 89
nicht ganz ohne Bedeutung für die Vorgänge der Wasseraufnahme seitens der
Blätter erscheinen.
Die physiologische Bedeutung des Prozesses der Wasseraufnahme seitens der
Blätter ist, wie bereits angedeutet, keine erhebliche. Wichtig ist aber dennoch
dies, dass die Blätter zumal am Abend, wenn die Pflanzen mehr oder minder
welk erscheinen, und wenn nun Thau fällt, gewisse Flüssigkeitsmengen, mit
denen ihre Oberfläche in Berührung gelangt, aufzusaugen vermögen.
Das bisher Gesagte bezog sich immer nur auf das Verhalten der Blattspreite
dem Wasser gegenüber, Es muss deshalb noch bemerkt werden, dass auch der
Blattstiel nach erfolgter Benetzung im Stande ist, gewisse Feuchtigkeitsmengen
zu absorbiren. Ferner ist zu erwähnen, dass manche Blätter an ihrer Basis grosse
Scheiden entwickeln, mit denen sie den Stengel umfassen. Dies ist namentlich
bei Pflanzen aus der Familie der Umbelliferen, z. B. bei den Zeracleum-, Angelica-
und Zaserpitiumspecies der Fall. Ich fand, dass die Blattscheiden oft sehr be-
deutende Wassermengen führen, und dass sie selbst noch viel Wasser enthalten,
wenn nach Regenwetter trockene Witterung eingetreten und die übrigen ober-
irdischen Organe der Gewichse bereits vóllig abgetrocknet sind. Das in den
Blattscheiden angesammelte Wasser kann unzweifelhaft in das Innere der Pflanzen
eindringen.
Sehr interessant ist das Verhalten gewisser Blattgebilde des Blüthenstandes
von Carlina acaulis dem Wasser gegenüber. Diese Pflanze, welche zu den Com-
positen gehört, besitzt ein sehr entwickeltes Involucrum, und die inneren
glänzend weissen Blütter desselben legen sich bei Regenwetter über den Bliithen-
kopf zusammen; die Unterseite der Blattgebilde ist dann convex, die Oberseite
derselben aber concav gekrümmt. Bei trockener Witterung breiten sich die
Involucralblütter strahlig aus; ihre Unterseite ist dann concav, ihre Oberseite
aber convex gekrümmt. Werden trockene Involucralblätter der CazZza, mógen
sie sich noch im Zusammenhange mit der Pflanze befinden oder lange Zeit von
derselben abgetrennt aufbewahrt worden sein, mit Wasser benetzt, so macht sich
eine lebhafte Bewegungserscheinung geltend, und die Unterseite der Blattgebilde
wird convex, die Oberseite aber concav. Diese Bewegungserscheinung tritt aber
nur ein, wenn die mittlere Partie der Unterseite der Blätter mit Wasser in Con-
tact geräth, und die Ursache derselben ist darin zu suchen, dass die Membranen
der betreffenden Zellen der Unterseite der Organe sich sehr schnell mit Wasser
imbibiren und sich in Folge dessen lebhaft ausdehnen. !)
c) Wasseraufnahme der Stammgebilde. Ueber die Wasseraufnahme
solcher Stengelgebilde, die noch grün sind und von Epidermis überzogen werden,
brauchen wir uns hier nicht weiter auszusprechen, denn die bezüglichen Ver-
hältnisse sind ohne Weiteres unter Berücksichtigung des unter b Gesagten ver-
stándlich.
Aeltere, mit Periderm überzogene Zweige kónnen nur unter Vermittelung
etwa vorhandener Lenticellen und Rindenrisse Wasser, welches mit ihrer Ober-
fläche in Berührung gelangt, aufnehmen. Aehnlich gestalten sich die Verhältnisse,
wenn Kartoffelknollen mit Wasser in Contact gerathen, da das mehrschichtige
Korkgewebe derselben impermeabel für Wasser ist. Die Flüssigkeitsaufnahme
ungeschälter Kartoffeln ist stets nur eine unbedeutende.
d) Wasseraufnahme der Früchte. Viele Früchte (Steinfrüchte, Beeren)
1 ; IM ;
) Man vergl. DETMER, Journal f. Landwirthschaft. 27. Jahrgang. pag. rrr.