II. Abschnitt. 7. Die Wasserbewegung in den Pflanzen. 103
Transpiration derselben im Mittel die folgenden Wassermengen in die Atmo-
sphäre übergehen.
Sommerroggen pro Hektar im Ganzen 834890 Kilogrm.
Sommerweizen ,, n » » 1179920 »
Gerste » » » » I 236710 »
Hafer ) 3 » » I 277 760 »
Die verdunsteten Wassermengen entsprechen Wassersáulen, welche den
Boden 83,5, 118,0, 123,7 und 127,8 Millim. hoch bedecken würden. Zieht man
nun in Erwügung, dass der Getreidebau selbst noch in solchen Gegenden móg-
lich ist, wo der gesammte jühriiche Niederschlag nur 370—400 Millim. beträgt,
und bedenkt man ferner, dass von dieser Wassermenge höchstens { bis 4,
sonach 123—133 oder 148—160 Millim., den Getreidepflanzen zu Gute kommen
kónnen, so wird man in der Ansicht bestürkt, dass die Resultate der Unter-
suchungen HABERLANDT’s die Transpirationsgrôsse der genannten Pflanzen relativ
genau zum Ausdruck bringen. Diese Ergebnisse sind auch in sofern beachtens-
werth, als sie lehren, dass wir nicht nóthig haben, das Condensationsvermógen
des Bodens für Wassergas in Anspruch zu nehmen, um zu einer befriedigenden
Vorstellung über die Wasserbilanz des Bodens zu gelangen.
b) Die Einwirkung äusserer Verhältnisse auf die Transpiration. —
1. Denken wir uns, eine Pflanze wurzele in einem sehr wasserreichen Boden,
dem aber fortan keine Feuchtigkeit mehr zugeführt werde. Die Transpiration
der Pflanze kann zunächst unter günstigen Umständen sehr bedeutend ausfallen;
sie muss aber allmählich‘ schwächer und schwächer werden, und es kann das
Untersuchungsobject sogar schliesslich unter den bezeichneten Umständen welken.
Führt man dem Boden neue Wassermengen zu, so muss die Transpirationsgrösse
der Pflanze wieder steigen. Nach dem Gesagten ist von selbst einleuchtend,
dass die Verdunstungsgrösse der Gewächse sich abhängig erweist von dem
Wassergehalt des Bodens sowie von all jenen Momenten, die von Einfluss auf
die Wasseraufnahme seitens der Pflanzenwurzeln sind. (Bodentemperatur,
Feuchtigkeitsgehalt des Bodens, Concentration der Bodenflüssigkeit etc.).
2. Bei gleich bleibender Lufttemperatur wird die Transpiration um so
ausgiebiger sein müssen, je geringer der Feuchtigkeitsgehalt der Luft ist.
Uebrigens kann eine Pflanze selbst in einer vôllig mit Wassergas gesättigten
Atmosphäre geringe Wassergasmengen ausgeben. Es ist nämlich bekannt, dass in
den Gewächsen in Folge verschiedenartiger Prozesse, zumal in Folge von Stoff-
wechselvorgängen, Wärme producirt wird. Diese Figenwärme der Pflanzen lässt
sich an denselben, wenn sie stark transpiriren, nur in seltenen Fällen direkt
constatiren, da mit dem Vorgange der Wasserverdunstung selbst, ein Verbrauch
von Wärme verbunden ist. Bei môglichst behinderter Transpiration kann aber
die Eigenwärme dazu verwandt werden, die Temperatur des Pflanzenkôärpers über
diejenige der Umgebung zu erhöhen. Wenn nun die Pflanze eine höhere Tem-
peratur als die umgebende, mit Wassergas gesiitigte Luft besitzt, so zeigt das
Wassergas in den Intercellularráumen eine hóhere Spannung als das Wassergas
in der umgebenden Luft. Dasselbe wird deshalb aus den Spaltóffnungen ent-
weichen und ausserhalb des Organismus natürlich sofort eine Condensation zu
tropfbar-flüssigem Wasser erfahren.
3. Bei constant bleibendem relativem Feuchtigkeitsgehalt der Luft steigt und
fällt die Transpirationsgrósse mit der Temperatur.