Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

   
     
  
  
   
    
   
   
    
    
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
  
    
    
   
   
    
    
   
     
   
    
   
  
   
  
   
160 Die Algen im weitesten Sinne. 
gamensystems!) óffentlich gegen die Anschauungsweise protestirte, welche die 
Form der Ernáhrungsweise zur Grundlage für die Constatirung natürlicher Ver- 
wandtschaftsverhältnisse wählte. Mit Recht forderte er auch für die natürliche 
Systematik der Thallophyten die Innehaltung desselben Prinzipes, das in Bezug 
auf die hôheren Gewächse längst adoptirt worden war, — dass nämlich die Ge- 
sammtheit der morphologischen Merkmale zur Begründung natürlicher Ver- 
wandtschaftsverháltnisse herangezogen werden müsse. Wie bei den Phanerogamen 
parasitisch und saprophytisch lebende Gattungen und Arten nicht zu einer selb- 
stándigen, abgesonderten Gruppe vereinigt sind, die einzelnen Formen vielmehr 
da unter die übrigen Phanerogamen, wo sie ihrem Bau und ihrer Entwicklungs- 
weise nach hingehóren, eingeordnet sind, so lag es nun nahe zu versuchen, ob 
man nicht auch die Pilze oder wenigstens einzelne Gruppen derselben zwischen 
die Algen einreihen kónnte, zumal man aus früheren Untersuchungen bereits 
wusste, dass manche morphologische Verhültnisse in ähnlicher Weise sich bei 
Ghedern beider Hauptgruppen wiederholen. Conuw suchte selbst seiner Forderung 
gerecht zu werden, indem er die Thallophyten zu einer grósseren Anzahl von 
Ordnungen zusammenstellte?), die — nach morphologischen Gesichtspunkten ge- 
bildet — zum Theil Algen und Pilze neben einander enthielten, während andere 
nur aus Gliedern der einen oder der andern Gruppe bestanden. Noch weiter 
in dieser Richtung ging SACHS in seinem Lehrbuche (4. Aufl., pag. 248.). Die 
vielfach noch unbekannte oder zum Theil auch vielleicht anderer Deutung fähige 
Art der Befruchtung und Fruchtbildung zu Grunde legend, schuf er vier grössere 
Klassen, deren jede Pilze und Algen neben einander in sich vereinigte. Indem 
er aber diese vier Klassen lediglich auf sexuelle Charaktere begründete, ohne 
den anderen Merkmalen Rechnung zu tragen, nahm er seinem System den Cha- 
rakter eines natürlichen Systems: im Prinzip ähnlich dem System LINNÉ's, riss 
es wie dieses nächstverwandte Formen auseinander und stellte andererseits ganz 
heterogene Wesen unmittelbar neben einander. 
Neben den Versuchen Conw's und SacHus', durch Aufstellung ihrer Systeme 
der schroffen Gegenüberstellung von Algen und Pilzen den Boden zu entziehen, 
verlor die entgegengesetzte Anschauungsweise, die in den beiden grossen Thallo- 
phytengruppen zwei selbständige Verwandtschaftskreise erblickte, niemals ihre 
Geltung und dieser Anschauungsweise, die in den Thallophytensystemen von 
FISCHER, EICHLER und WINTER vertreten wurde, hat neuerdings auch pE Bary?) 
Ausdruck gegeben. DE Bary giebt zu, dass einzelne Pilzgruppen isolirt betrachtet 
ohne grossen Zwang mit gewissen Algengruppen vereinigt werden kónnen, er 
constatirt aber auch, dass — mit Ausschluss der Schleimpilze (Myxomyceten) 
und der Spaltpilze (Schizomyceten), alle diejenigen Formen, welche ehedem 
ihrer Lebensweise wegen als Pilze zusammengefasst wurden, in der That auch 
auf Grund der morphologischen Verhältnisse sich als Glieder einer einzigen 
natürlichen Entwicklungsreihe erweisen. Bei dem annähernd parallelen Verlauf, 
welchen die Steigerung der gesammten Organisation sowol bei den Pilzen wie 
1) Conn, Conspect. Fam. cryptogam. sec. method. nat. dispositarum Hedwigia 1872, No. 2, 
pag. 17. 
?) 1. c. und spiter modificirt in Jahresber. d. Schles. Ges. f. vaterl. Cultur 1879, pag. 279. 
3) DE BARY, Zur Systematik d. Thallophyten, (bot. Zeit. 1881, pag. 1.) — FISCHER, SACHS 
Lehrbuch, Aufl. IV, pag. 248; EICHLER, Syllabus der Vorlesungen üb. spec. u. medic. pharm. 
Botanik 1880; WINTER, Ueb. ein nat. System d. Thallophyten. Hedwigia 1879, pag. 1. 
  
  
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