Die Algen im weitesten Sinne.
Klasse I.
Florideen.
Die Florideen — ihrer meist deutlich rothen Fárbung wegen (pag. 171) auch
Rothtange oder Rhodospermeen genannt — sind ein- oder mehrjührige Wasser-
pflanzen, deren überwiegende Mehrzahl Bewohner des Meeres sind. Ausserhalb
des Meeres werden sie in Europa nur durch die in Wasserläufen mit möglichst
rapider Stromung gedeihenden Gattungen Batrachospermum, Chantransia, Lemanea,
Bangia und Hildenbrandtia vertreten.
Der Thallus der Florideen!) zeigt sowol seiner äusseren Gliederung, als
auch seiner anatomischen Structur nach einen grossen Reichthum an Formen,
die sich aber bisher einer vergleichenden Betrachtung noch entziehen, da es an
speciellen Untersuchungen, auf welche die Vergleichung sich stützen kónnte, für
viele Familien noch gánzlich fehlt. — In anatomischer Beziehung finden sich bei
den Florideen alle Uebergänge vor von einreihigen Zellfiden (Bangia, Callitham-
nion) und einschichtigen Zellflächen (Porphyra) bis zu massigen Gewebecomplexen
von verhältnissmässig complicirtem Bau.
Wenn der Thallus vermittelst einer Scheitelzelle wächst, so tritt letztere meist
so auf, dass ihre Segmentation durch annähernd parallele Wände bewerkstelligt wird
(Ceramieen, Callithamnicen, Rhodomeleen, Delesseria, Plocamium, Nitophyllum, Caula-
canthus, Gelidium). Seltener tritt die Scheitelzelle in zweischneidiger Form auf und
es erfolgt ihre Segmentation durch regelmässig alternirende nach rechts und links
geneigte Wände (Rhizophyllis dentata, Cryptopleura lacerata, Rhodophyllis bifida).
Eine dreiseitige Scheitelzelle, wie sie bei den Muscineen und Pteridophyten weit ver-
breitet ist, scheint bei den Florideen nicht vorzukommen, wenn auch bei Gracilaria
armata und Cystoclonium purpurascens neben scheinbar regelloser Segmentation der
Scheitelzelle sich auch oft genug beobachten lässt, dass ihre Segmente in drei
— allerdings meist unregelmässig verschobenen Längsreihen angelegt werden. —
An die Stelle einer einzigen Scheitelzelle tritt bei dem flachen, kriechenden
Thallus der Squamarieen und Melobesieen eine Reihe gleichwerthiger Initial-
zellen, die den freien Rand des Thallus einnehmen. Und in ähnlicher Weise
iingt bei dem cylindrischen Thallus der Corallineen und von Chylocladia das
Längenwachsthum von Gruppen gleichwerthiger Initialen ab, welche auf dem
Gipfel des Thallus gelegen sind. Bei den Nemalieen findet das Spitzenwachs-
thum gleichfalls vermittelst zahlreicher Initialen statt: die einzelnen Zellreihen,
deren Zellvermehrung von den Initialzellen ausgeht, besitzen hier aber eine grössere
Selbständigkeit, wie bei den Corallineen und sind bereits im Vegetationspunkt
völlig von einander isolirt, so dass ihr Thallus als von zahlreichen hyphenartig ver-
flochtenen Fáden mit Spitzenwachsthum zusammengesetzt betrachtet werden kann.
In den Füllen, wo der Thallus vermittelst einer Scheitelzelle wüchst, pflegt
gewóhnlich das Gewebe des ganzen Thallus aus den Segmenten einer und der-
selben Scheitelzelle hervorzugehen. Neben dieser monopodialen Entwicklung des
!) KüTzING, Phycologia generalis oder Anatomie, Physiologie und Systemkunde der Tange,
1843. — NAEGELI, Die neueren Algensysteme und Versuch der Begründung eines eigenen
Systems der Algen und Florideen, 1847. — JAC. GEORG AGARDH, Florideernes Morphologie
(Act. Acad. Scient. Holmiens. Vol. XV. 1880 und Spec. genera et ordines algarum. Vol. III.
pars 2).
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