20 System der Pflanzenphysiologie.
wenn man sie unter Wasser gebracht hat, bei Lichtzutritt reichlich Gasblasen
entweichen lassen, die wesentlich aus Sauerstoff bestehen, hört diese Gasab-
scheidung sofort auf, wenn man die Untersuchungsobjecte ins Dunkele bringt.
Samen, die im Finstern keimen, werden fortschreitend ürmer an organischer Sub-
stanz, weil die Keimlinge nicht assimiliÀren kónnen. Bei Zutritt des Lichtes ent-
wickeln sich hingegen aus den Samen unter sonst günstigen Bedingungen kräftige
Pflanzen, die fortwährend reicher an organischer Substanz werden. Instruktiv
sind in dieser Hinsicht die Resultate der folgenden von BoussıncAuLT!) durch-
geführten Versuche:
Es wurde am 26. Juni je eine Bohne in einen mit ausgeglühtem Bimsstein ge-
füllten Topf gesteckt. Die eine Pflanze entwickelte sich unter dem Einflusse des
Lichts, die andere im Finstern. Während der Vegetation wurde den Unter-
suchungsobjecten reines Wasser zugeführt, und am 22. Juli wurde der Versuch
beendet.
im Licht. | im Finstern,
Gewicht der Samen 0,922 Grm. | 0,926 Grm.
33 der Pflanzen 1,203 » | 0,566 i
Gewinn — 0,371 Grm. Verlust — 0,360 Grm.
Kohlenstoff 91026 » =01593 >
Wasserstoff 5» 00200 ,, | 2n 190222
Sauerstoff mm EOISOT ;; | n 91766 .,
Für die genauere Beurtheilung des vorstehend mitgetheilten Beobachtungs-
resultates ist es wichtig darauf hinzuweisen, worauf ich übrigens im dritten Haupt-
abschnitte specieller zurückkomme, dass die Pflanzen nicht nur im Finstern, son-
dern ebenso unter dem Einflusse des Lichtes eine erhebliche Menge ihrer
Trockensubstanz in Folge von Stoffwechselprozessen verlieren. Wenn sich Keim-
pflanzen einerseits im Finstern, andererseits in einer kohlensáurefreien Atmosphäre
unter dem Einflussee des Lichtes ausbilden, so erfahren die letzteren Unter-
suchungsobjecte fast genau denselben Trockensubstanzverlust wie jene ersteren.
Die Assimilation kann unter den bezeichneten Umstünden nicht erfolgen, und
die in Folge des Stoffwechsels herbeigeführten Verluste an organischen Sub-
stanzen kónnen nicht ersetzt werden. Wenn hingegen die Entwicklung der
Pflanzen in einer kohlensáurehaltigen Luft bei Lichtzutritt stattfindet, so werden
nicht nur unter sonst günstigen Umstünden die durch Stoffwechselvorgánge herbei-
geführten Verluste an organischen Stoffen gedeckt, sondern die Assimilation be-
wirkt sogar, dass das Trockensubstanzgewicht der Pflanzen mehr und mehr zu-
nimmt und alsbald grosser als dasjenige der ausgelegten Samen wird.?)
c) Die Lichtintensitüt. Dass die Energie der Assimilation eine Abhángig-
keit von der herrschenden Lichtintensitit zeigt, làsst sich leicht demonstriren.
Wenn man Pflanzen, die unter Wasser dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt sind
und unter diesen Umstinden reichliche Sauerstoffmengen abscheiden, ins diffuse
Licht bringt, so sinkt die Energie der Blasenabscheidung sofort. Ebenso kann
man zeigen, wie ich es gethan habe, dass Pflanzen, die unter sonst gleichen
Umständen verschieden intensivem Licht längere Zeit hindurch ausgesetzt sind,
1) Vergl BoussiNGAULT, Comptes rendus. T. 58. pag. 883.
?) Es ist hier noch zu betonen, dass auch die Strahlen irdischer Lichtquellen (Magnesium-
licht, Gaslicht, elektrisches Licht, Drumondsches Kalklicht), wenn dieselben intensiv genug sind, die
Zersetzung der Kohlensäure in der grünen Pflanzenzelle herbeiführen können. Vgl. HEINRICH,
Versuchsstationen. Bd. 13. pag. 136 und PRILLIEUX, Compt. rend. T. 69. pag. 408.
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