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154.
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IL. Abschnitt. 3. Die spontanen Nutationserscheinungen im Pflanzenreich. 401
erscheinung, nàmlich der rotirenden Nutation, aufzufassen, die dadurch zu
Stande kommt, dass bald die nach Norden, bald die nach Westen, bald die nach
Süden und bald die nach Osten gerichtete Seite der Pflanzentheile am lebhaftesten
wüchst; dagegen muss das Ranken der Pflanzen als eine durch Berührung mit
festen Kórpern verursachte receptive Nutationserscheinung angesehen werden.
Uebrigens ist zu bemerken, dass in sehr vielen Füllen einem und demselben
Pflanzentheil die Fáhigkeit zukommt, rotirende Nutationen und durch Berührung
verursachte Reizbewegungen auszuführen. Viele Ranken bieten hierfür aus-
gezeichnete Beispiele dar, worauf ich bei der speciellen Besprechung der Nuta-
tionen dieser Pflanzentheile zurückkomme).
Fassen wir nun das Phánomen des Windens der Schlingpflanzen genauer ins
Auge, so ist zunächst zu bemerken, dass Monr die ganze Erscheinung als eine
durch äusseren Reiz verursachte ansah. Diese Anschauung ist aber nicht richtig;
neue Untersuchungen, namentlich diejenigen von H. pe Vries, haben mit aller
Bestimmtheit gelehrt, dass die Erscheinung des Windens ihre Entstehung der
Wirksamkeit innerer Wachsthumsursachen verdankt. Die Wachsthumsverhältnisse
windender Internodien werden wenig vom Licht beeinflusst, dieselben sind nur
schwach positiv heliotropisch, eine Thatsache, die natiirlich sehr bedeutungsvoll
ist, denn ein kräftiger Heliotropismus würde dem Zustandekommen des Windens
nur hinderlich sein. Viele Pflanzen (z. B. ZAaseolus multiflorus) winden auch im
etiolirten Zustande bei vólligem Abschluss des Lichtes.
Die windenden Pflanzen gehóren den verschiedensten Pflanzenfamilien an.
Verháltnissmássig wenige Gewáüchse winden rechts, d. h. von rechts unten nach
links oben (Hopfen, Zemicera caprifolium). Die meisten winden links (Convol-
vulus sepium, Aristolochia Siplo, Phaseolus u. a.)
Wenn man die Entwickelung solcher Gewáchse beobachtet, die überhaupt
zu winden befühigt sind, so zeigt sich, dass die ersten Internodien, mógen sie
aus den Samen oder Rhizomen etc. hervorgehen, nicht winden, sondern ohne
Stütze aufrecht wachsen. Die folgenden Internodien verlingern sich bedeutend,
sie hängen seitwärts über, und nun beginnt die rotirende Nutation. Ist keine
Stiitze vorhanden, so wird die Endknospe in Folge dessen in einem Kreise oder
einer Ellipse herumgeführt. Indem die Internodien in die Làünge wachsen, wer-
den die Bahnen, welche die Spitze des nutirenden Sprosses beschreibt, immer
gróssere, bis die Endknospe endlich einmal gegen eine Stütze stósst, welcher
sich der Spross fest andrückt. Die jenseits der Stütze hervorragende freie Spitze
kann ihre rotirende Nutation noch einige Zeit fortsetzen, aber alsbald wüchst
dieselbe in einer Schraubenlinie empor, die nicht zu dicke Stütze umwindend.
Das Phánomen des Windens, welches, wie noch zu bemerken ist, gewöhnlich
von Torsionen der àálteren Internodien der schlingenden Stengel begleitet wird,
erdankt also der rotirenden Nutation der Pflanzentheile seine Entstehung. Wenn
sich den kreisenden Sprossgipfeln der Schlingpflanzen eine Stütze in den Weg
stellt, und in Folge dessen neben einer horizontalen, zugleich eine verticale
Componente auf die Bewegung derselben wirkt, so müssen die Stengel in einer
Schraubenlinie emporsteigen. Uebrigens würde es zur vólligen Klarlegung der
Mechanik des Windens sehr eingehender Darstellungen bedürfen, und ich muss
den Leser, da dieselben hier nicht gegeben werden kónnen, auf die Auseinander-
setzungen in den citirten Schriften verweisen. Die jüngsten Windungen der
U Es sei hier noch bemerkt, dass viele Ranken durch Hyponastie und Epinastie bedingte
Nutationen erfahren.