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l. 1. pag. 223.
IV. Abschnitt. 2. Specielles über die natürliche Richtung der Pflanzentheile. 545
zunüchst auf in bestimmter Weise prüparirten Torfstücken zur Entwickelung ge-
langen, und die Lichtstrahlen in einem Winkel von ungefähr 45° auf das Beob-
achtungsmaterial einwirken. Dabei ergab sich vor allem, dass die Fruchtträger
den schief einfallenden Lichtstrahlen entsprechend schief gerichtet waren, während
sich die Thalluslappen bei günstiger, d. h. ziemlich intensiver Beleuchtung den
Lichtstrahlen nahezu rechtwinkelig entgegenzustellen suchten. Zur Erklärung
dieser merkwürdigen Thatsache, ist namentlich das Folgende zu beachten. Es
ist sicher, dass die Thalluslappen von Marchantien ein negativ geotropisches
Verhalten zeigen (vergl. die Abhandlung v. SacHs, pag. 2 36). Wird die morpho:
logische Unterseite der Thalluslappen von schwachem oder intensivem Licht ge-
troffen, so verhalten sich dieselben stets positiv heliotropisch (pag. 237). Dagegen
ist es sehr merkwürdig, dass schwaches Licht einerseits und intensives Anderer
seits keineswegs die nämlichen Wirkungen zur Geltung bringt, wenn dasselbe
die Oberseite der Thalluslappen trifft. Bei schwachem Licht bleiben die T hallus-
lappen sehr schmal, die Pflanzentheile werden rinnig, und ihre Oberseite erscheint
concav eingekrümmt. Dagegen ruft normale Beleuchtung erst die Breitenent-
wickelung der Lappen hervor, und die Oberseite derselben ist unter solchen Ver:
hältnissen bestrebt, die Unterseite concav zu machen.
Man könnte nun dieses stärkere Wachsthum der Oberseite der Thalluslappen
im intensiven Licht, wie es auch thatsüchlich von WiEsNER!) geschehen ist, als
eine Folge negativen Heliotropismus auffassen. Aber dagegen sind doch wohl
Bedenken geltend zu machen, es sei denn, dass man zwei Formen des negativen
Heliotropismus unterscheide, Der typische negative Heliotropismus, den wir
bereits an ganz anderer Stelle kennen lernten, und der den Gegensatz zum
positiven Heliotropismus bildet, führt ein schnelles und auch bei schwacher
Lichtintensität hervortretendes Wegwenden der Pflanzentheile vom Licht herbei.
Das lebhafte Wachsthum der Oberseite des Thallus von Marchantia kommt aber
nur bei starker und lange anhaltender Lichtwirkung zu Stande. Die Thallus-
lappen verhalten sich dem Licht gegenüber ähnlich wie die Laubblätter höherer
Pflanzen. Diese bilden sich auch im Dunkeln oder bei unzureichendem Licht-
zutritt rinnig und faltig aus; das stärkere Wachsthum der Blattoberseite (die
Epinastie von H. DE VRiESs) wird, wie das lebhaftere Wachsthum der Oberseite
des Thallus von Marchantia, erst durch Licht von höherer Intensität hervorge-
rufen. Nach alledem erscheint es zweckmässig, diese durch normale Be-
leuchtungsverhältnisse hervorgerufenen Wachsthumsphänomene der Oberseite der
Blätter sowie des Thallus der Marchantien nicht als solche aufzufassen, die
durch negativen Heliotropismus bedingt werden, sondern dieselben vorläufig als
Folge einer bestimmten Form der Epinastie zu deuten.?) 2
Die Wachsthumsrichtung der plagiotropen Thalluslappen von Marchantien
7) Vergl. WIESNER, Sonderabdruck aus d. 43. Bd. d. Denkschriften d. Akadem. d. Wiss.
zu Wien. pag. 55.
?) Das Gesagte fordert auch zu weiteren Untersuchungen über die Epinastie auf, um
den Antheil den einerseits innere, andererseits äussere Wachsthumsbedingungen an ihrem
Zustandekommen haben, richtig würdigen zu lernen. Fünde man z. B., dass die Oberseite
solcher Blätter, die zunächst dem Licht ausgesetzt waren, fernerhin auch im Dunkeln bei Zufuhr
plastischer Stoffe lange Zeit hindurch ein ausgiebiges Wachsthum zeigte, und die
Blätter im ausgebreiteten Zustande verharrten, so würde damit ein Phänomen constatirt sein
welches weder als Folge des eigentlichen negativen Heliotropismus, noch als Folge ypischer,
allein durch innere Wachsthumsursachen bedingter Epinastie gedeutet werden könnte. .
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