550 System der Pflanzenphysiologie.
Lupinus, nach abwärts zusammen; die Blittchen von 7%ifolium, Vicia, Lotus,
Lathyrus schlagen sich hingegen im Dunkeln aufwärts zusammen.
c) Die durch Berührung oder Erschütterung hervorgerufenen
Variationsbewegungen. Manche Pflanzen (Oxalis- sowie Mimosa-Arten, Robinia
Pseudoacacia, Acacia lophantha), welche spontane und durch Beleuchtungsverhält-
nisse inducirte Variationsbewegungen zeigen, sind ebenso für Berührung, resp. Er-
schütterung empfindlich. Unter dem Einfluss solcher Reize nehmen die Blätter
der Gewächse eine Stellung an, welche der durch Verdunkelung hervorgebrachten
Nachtstellung gleicht; nach Aufhóren des Reizes gehen die Organe aber all
mählich wieder in die ausgebreitete Stellung über. Die Empfindlichkeit der
Pflanzen für Berührung sowie Erschütterung ist specifisch verschieden. Bei einigen
Gewächsen bedarf es starker und wiederholter Reize, um eine Lageveränderung
der Blätter zu erzielen; andere Pflanzen (Mimosa pudica, Oxalis sensifiva) reagiren
auf die schwächste Berührung sehr lebhaft, und es zeigt sich, dass die Bewegungs-
phánomene in Folge einer Fortleitung des Reizes sogar an solchen Theilen der
Gewáchse auftreten, welche nicht unmittelbar berührt wurden.
Eigenthümliche Variationsbewegungen zeigen auch die Blütter von Dionaca
muscipule und Aldrovanda vesiculosa. Die Blätter dieser fleischverdauenden
Pflanzen schliessen sich nämlich, wenn ihre Oberseite gereizt (berührt) wird.
Die Staubfäden von Berberis sowie von Mahonia-Arten sind im ruhenden Zu-
stande nach aussen geschlagen. Sie reagiren auf einen Reiz, der die Innenseite
des Filaments trifft und kriimmen sich in Folge dessen nach innen, so dass die
Antheren mit der Narbe in Beriihrung gelangen.
Sehr eigenthümlich sind die Bewegungsphünomene der Filamente vieler
Compositenblüthen (Centaurea, Onopordon, Carduus, Cichorium, Hieracium). Die
fünf Filamente tragen die fünf mit einander verklebten Antheren. Die Filamente
sind im Ruhezustande convex nach aussen gebogen und an jeder Stelle fast gleich
empfindlich für Berührung oder Erschütterung. Ein Reiz bedingt eine Contraction
der Filamente; sie strecken sich gerade und die Antheren entleeren den Pollen
nach oben, welcher nun von den Insecten, welche die Reizung vermittelten, auf
die bereits entfalteten Narben anderer Blüthen oder Blüthenkópfe übertragen
werden kann.
Zu bemerken ist noch, dass auch die Narbenlappen der Blüthen von
Mznulus sowie anderer Pflanzen empfindlich für Berührung sind. Wird nämlich
die Innenseite der Narbenlappen berührt, so legen sich dieselben zusammen,
offenbar um den auf sie von Insekten übertragenen Pollen festzuhalten.
S 5o. Der Einfluss äusserer Verhältnisse auf die Variations-
bewegungen?). Es ist zunächst ganz im Allgemeinen zu bemerken, dass die-
jenigen Pflanzentheile, welche Variationsbewegungen auszuführen vermögen, zwei
Zustände zeigen können, nämlich den Bewegungs- und den Starrezustand. Der
erstere Zustand ist den Organen unter normalen Verhältnissen eigenthümlich;
der letztere tritt ein, wenn die Pflanzen längere Zeit abnormen Umständen aus-
gesetzt werden. Es ist aber der Starrezustand ja nicht mit dem todten Zustand
der bewegungsfähigen Pflanzentheile zu verwechseln, denn während dieser mit
Veränderungen an den Zellen verbunden ist, die nicht wieder rückgängig zu machen
!) Vergl. DUTROCHET, Mémoires p. servir etc, 1837; PFEFFER, PRINGSHEIM's Jahrbücher.
Bd. 9. pag. 308.
?) Literatur: KABsCH, Botan. Zeitung, 1861 und 1862; DUTROCHET, Mémoires pour serv. etc,
T. 1. p. 562; SACHS, Flora, 1863 und Lehrbuch d. Botanik. 1874. pag. 857.
be
lic
lei
au
45
W
kü
ur
ve
be
da
au
We
un
fin
ph
he
lic