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4. Das Ernährungssystem 649
Streben der Pflanze danken, ihr Assimilationssystem überall dort, wo es die Durch-
leuchtungsverhältnisse noch lohnend erscheinen lassen, in entsprechender Weise zu
verstärken. So bildet diese untere Pallisadenschicht, welche auch andeıwärts nicht
selten vorkommt und deren Zellen gewöhnlich trichterförmig, bisweilen auch
sanduhrförmig ausgebildet sind, eine bescheidene Wiederholung des Assimilations-
systems der Oberseite. — Für das entgegengesetzte Extrem, die quantitative
Ausbildung des Mesophylls betreffend, liefert uns die fertile Blattfiederhälfte von
Asplenium Belangeri ein schönes Beispiel, welche abgesehen von der beider-
seitigen Epidermis, bloss aus zwei Zelllagen besteht, einer Pallisadenschichte und
einer Schwammzelllage.
Am Schlusse dieses Abschnittes wollen wir einen nochmaligen kurzen Rück-
blick auf das Pallisadengewebe werfen. Indem seine Assimilationsprodukte in
derselben Richtung auswandern, in welcher die Pallisadenzellen gestreckt sind,
werden die producirten Stoffe auf dem denkbar kürzesten Wege aus dem Assimi-
lationssystem hinausgeschafft und demzufolge sind alle Constructionstypen, welche
ein Pallisadengewebe aufweisen, vom Standpunkte der beiden Bauprincipien aus
betrachtet, die vollkommensten und zweckmässigsten. Die vergleichende Anatomie
des Assimilationssystems lehrt denn auch, dass im Laufe der phylogenetischen
Entwickelung der Pflanzenformen sehr verschiedenartige Constructionstypen durch
Ausbildung eines Pallisadengewebes vervollkommnet wurden; man darf so gewisser-
massen von einer polyphyletischen Abstammung des Pallisadengewebes sprechen.
Bei den Monocotylen lassen sich zwei Urtypen des Assimilationssystems unter-
scheiden: ı. der Typus der längsgestreckten Assimilationszellen, welche zugleich
als Ableitungsgewebe fungiren (1. Typus; Galanthus, Leucojum, Zygadenus); und
2. der Typus der quergestreckten Assimilationszellen, welche zugleich das Zu-
leitungsgewebe zu den Ableitungssträngen vorstellen (3- Typus; Gladiolus, Tritonia,
Iris germanica). Jeder dieser beiden so verschiedenen Urtypen entwickelte sich
in dem Sinne weiter, dass die Elemente einer oder mehrerer subepidermaler
Zellagen immer kürzer und kürzer wurden, schliesslich eine zur Oberfläche des
Organs rechtwinkelige Streckung zeigten und sich derart allmáhlich in Pallisaden-
zellen umwandelten. Die darunter liegenden Zellschichten blieben unveründert
und fungirten nunmehr beim 2. "Typus auschliesslich als Ableitungs-, beim 3. Typus
als Zuleitungsgewebe. So war selbstverstindlich die morphologische Differen-
zirung zugleich von der physiologischen Arbeitstheilung begleitet oder richtiger
gesagt von ihr verursacht. Aus dem 2. Typus wurde nunmehr der fünfte, welcher
bei den Monocotylen, namentlich den Liliaceen so häufig vorkommt und durch
ein Pallisadengewebe mit darunter gleichmässig ausgebreitetem Ableitungsgewebe
charakterisirt wird. (Allium, Asphodelus, Ornithogalum etc) Aus dem
3. Typus dagegen wurde der neunte, welcher sich bei den Monocotylen
gleichfalls einer grossen Verbreitung erfreut und welchen ich in meiner
» Vergleichenden Anatomie etc.« mit folgenden Worten gekennzeichnet
habe: »Das Assimilationsgewebe besteht gewóhnlich aus Pallisadenzellen.
Das Ableitungsgewebe begleitet meistens in Form von Parenchymscheiden
die parallel verlaufenden Gefässbtindel. Das Zuleitungsgewebe besteht aus quer-
gestreckten chlorophyllführenden Zellen.« Wie bereits oben erwähnt wurde, ist
dies der Typus der meisten Gräser, Carices, verschiedener Cyperus-Arten und
Liliaceen. — Dass die vorstehenden Bemerkungen über die historische Ent-
') Vergl. die obige Schilderung dieses Typus.