Die physiologischen Leistungen der Pflanzengewebe.
die Seitenwandungen occupiren. Von einer nennenswerthen Umlagerung ist hier
also nicht die Rede. Weil nun aber die ständige Profilstellung der Körner in den
Pallisadenzellen mehr für direkte Insolation berechnet ist, so; erweisen sich die
Pallisadenzellen, wie STAHL (l c. pag. 871) hervorgehoben hat, als eine für starke
Lichtintensitáten besonders angemessene Zellform. An Pflanzen, welche sonnige
Standorte bevorzugen, wie Zeucedanum Cervaria, Linosyris vulgaris, Galium verum,
Distelarten etc. ist deshalb das Pallisadengewebe besonders máüchtig ausgebildet.
Bei der Buche sind sogar nach SrAur die im Sonnenlichte entwickelten Blátter
wesentlich anders gebaut, als die Schattenbldtter. In den ersteren besteht das
Mesophyll hauptsáchlich aus Pallisadengewebe, in den letzteren aus Schwammparen-
chym. Uebrigens ist es nicht wahrscheinlich, dass diese verschiedene Ausbildung
der Sonnen- und Schattenblátter ausschliesslich auf die verschiedene Lagerungs-
weise der Chlorophyllkórner zurückzuführen ist. Es macht sich gewiss auch die viel
allgemeinere Beziehung geltend, dass wenn die Beleuchtungsverháltnisse günstiger
sind, für die Pflanze auch die Ausbildung ihres specifischen Assimilationsgewebes
um so lohnender ist. Ferner darf auch der Umstand nicht ausser Acht gelassen
werden, dass das Schwammparenchym auch als Transpirationsgewebe fungirt, dass
also, um eine bestimmte Transpirationsgrósse zu erzielen, dieses Gewebe in Schatten-
blättern viel reichlicher ausgebildet sein muss, als in Sonnenbláttern.
D. Die Entwickelungsgeschichte des Assimilationssystems.
In weitaus den meisten Fállen geht das Assimilationssystem aus dem Grund-
parenchym hervor. Bei Cyperus pannonicus ist es theilweise als Epen aufzu-
fassen, indem die zwischen den subepidermalen Bastbündeln und den ihnen oppo-
nirten Mestomsträngen befindliche Pallisadenzellschicht aus cambialen Zellen
entsteht. Bast und Mestom gehen: nämlich aus einem einheitlich angelegten
Cambiumbündel hervor. Bei verschiedenen Adzantum-Arten namentlich aber bei
Didymochlaena sinuosa ist das typisch ausgebildete Armpallisadengewebe proto-
dermalen Ursprungs. Es bildet die oberflächlich gelegene Zelllage der Blatt-
oberseite, welcher demnach eine Epidermis im anatomisch-physiologischen Sinne
vollständig fehlt. Die etwas verdickten Aussenwandungen dieser Pallisadenzellen
zeigen allerdings den charakteristischen Bau der äusseren Epidermiszellwände,
allein es ist dies nur der anatomische Ausdruck für die Nebenfunction dieser
specifischen Assimilationszellen als Hautgewebe.
Schliesslich noch einige Worte über den Vorgang und den Zeitpunkt der
Differenzirung des Pallisadengewebes. Ersterer charakterisirt sich stets durch leb-
hafte radiale Theilungen der meristematischen Mutterzellen, welche gewôhnlich
annähernd so hoch als breit sind. Es vollzieht sich gewissermassen vor den
Augen des Beobachters die Einschaltung der vom Principe der Oberflächenver-
grösserung geforderten Wände; man sieht, dass die Pallisadenzellen nicht bloss
durch einfache Streckung von isodiametrischen Meristemzellen zu Stande kommen,
wie mehrfach behauptet wurde. Was den Zeitpunkt dieser Wandbildungen be-
trifft, so ist derselbe, je nach der Species, verschieden. Bei Ficus elastica fillt der
Beginn der Differenzirung des Pallisadengewebes zeitlich zusammen mit den
ersten Differenzirungsvorgängen des Hypoderms, mit der Ausbildung der kleineren
Gefässbündel und dem mittleren Entwickelungsstadium des mechanischen Systems.
Bei Caragana frutescens erfolgt die Anlage des Pallisadengewebes viel früher, näm-
lich in der Zeit zwischen: der Anlage der grósseren und kleineren Gefüssbiündel.
Ebenso bei Ephedra vulgaris, in deren Zweigen die Rallisadenzellen und die sub-
epidermalen Bast-Cambiumbiindel fast gleichzeitig angelegt werden.
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