Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

  
56 System der Pflanzenphysiologie. 
Dextrin und eine eigenthümliche Zuckerart (Maltose) gespalten wird. Der letztere 
Körper kann allerdings unter besonderen Verhältnissen unter Vermittlung des 
Ferments weiter in Traubenzucker übergeführt werden. 
Wird Amylum in der Wärme mit verdünnter Säure (Salz- oder Schwefel- 
säure) behandelt, so werden Dextrin und Traubenzucker gebildet. Es scheint 
festzustehen, dass die Säuren keine Spaltung des Amylum wie Diastase bewirken, 
sondern dass sie die Stärke successive in Dextrin und dieses in Zucker über- 
führen. 
Erwähnung mag die Thatsache finden, dass die Stärke im Stande ist, sich 
mit Metalloxyden und Säuren zu verbinden. 
In Berührung mit Jod färben sich die Stärkekörner (bei Gegenwart von 
Wasser und nicht zu hoher Temperatur) violet oder blau. Der zur Geltung 
kommende Farbenton ist aber nicht immer derselbe; verschiedene Stärkesorten, 
ja selbst die einzelnen Partien ein und desselben Amylumkornes färben sich 
nicht gleichartig. Die Stärke kann recht erhebliche Jodmengen (3—79/j auf- 
nehmen. Die Jodstärke ist aber nicht als eine chemische Verbindung von Amy- 
lum mit Jod aufzufassen, denn ihr fehlt ein wesentliches Merkmal einer che- 
mischen Verbindung, námlich die Aenderung der Naturbeschaffenheit der sich 
vereinigenden Substanzen. Die Jodstürke bildet sich vielmehr nur dadurch, dass 
sich die Jodmoleküle zwischen die Tagmen der Stürkekórner einlagern. 
Die Stürkekórner in den Pflanzenzellen sind nicht immer einfach, sondern 
sehr oft ganz oder halb zusammengesetzt. Im ersteren Falle besteht das 
gesammte Amylumkorn aus mehreren Bruchkórnern, die durch Theilungsvor- 
gänge entstanden sind, aber noch zusammenhalten. Die halb zusammengesetzten 
Stärkekôrner sind dadurch charakterisirt, dass gewisse Schichten der urspringlich 
einfachen Körner als solche bestehen bleiben und einzelne kleinere Amylum- 
kórner ümschliessen ?). 
S 20. Die Zellháute. — Die meisten Zellen der Pflanzen besitzen Zell- 
membranen, welche das Plasma umschliessen. Die Zellhàute sehr junger Zellen 
scheinen allein aus Zellstoff oder Cellulose und Wasser zu bestehen; spáter 
lagern sich mehr oder minder grosse Mineralstoffouantititen in die Zellhüute ein. 
Die mit Wasser imbibirten Zellmembranen lassen, wie NicELI?) eingehend gezeigt 
hat, Schichtungs- sowie Streifungserscheinungen hervortreten, welche, wie die 
Schichtung der Amylumkórner, auf einer verschiedenen Vertheilung von wasser- 
ármerer und wasserreicherer Substanz zurückgeführt werden müssen. 
Der Zellstoff der Zellmembranen wird fast von keiner Flüssigkeit (allein von 
der Kupferoxydammoniakflüssigkeit) aufgelóst. Nur wenige Zellmembranen fárben 
sich mit Jod direct blau. Meistens ertheilt das Jod den Membranen eine gelbe 
oder bräunliche Färbung. Wenn man das Jod aber bei Gegenwart sogen. assis- 
tirender Substanzen (Schwefelsäure, Jodkalium, Chlorzink etc.) auf Zellhäute ein- 
wirken lässt, dann tritt allerdings ein blauer Farbenton hervor. 
Der Zellstoff der Membranen kann in der Pflanze in Folge chemischer Pro- 
zesse verschiedene merkwürdige Veränderungen erfahren, wodurch, was insbe- 
sondere von physiologischem Interesse erscheint, Substanzen von eigenthümlichen 
physikalischen Eigenschaften entstehen. 
1) Ueber die durch Intussusception bedingten Wachsthumserscheinungen der Stärkekörner 
und der organisirten pflanzlichen Gebilde überhaupt wird zweckmässig erst in der Physiologie des 
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Wachsthumsprozesses gesprochen. 
?) Vergl. NAGELI, Sitzungsber. d. bayr. Akadem. d. Wiss. 1864. B. L pag. 297. 
    
     
     
  
  
    
    
  
  
  
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
   
   
  
  
  
  
  
    
   
   
  
  
  
  
  
   
   
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