102 Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane.
die durch Schulmeinungen sich nicht imponiren lassen, zu erneuter Untersuchung
der Thatsachen führen, so war es auch mit der Evolutionstheorie. Denn ihr
verdanken wir die ersten, wirklich eingehenden und einschneidenden, in der
Botanik aber erst zu einer späten Berühmtheit gelangten entwicklungsgeschicht-
lichen Untersuchungen von CASPAR FRIEDRICH WoLFF.!) Das Interesse, welches
ihn bei seinen Untersuchungen leitete, ist, wie auf jeder Seite derselben hervor-
tritt ein theoretisches, die Frage nach dem Wesen der »generatio« und der
Nachweis der Unrichtigkeit der Evolutionstheorie, welche eine »Generatio« eine
Neubildung, nicht kennt (pag. XIT. »qui igitur systemata praedelineationis tradunt,
generationem non explicant, sed eam non dare affirmant«). An die Stelle dieser
Theorie tritt die der »Epigenesis« eine Bezeichnung, die ausdrückt, dass bei der
Entwicklung eine wirkliche Neubildung von Theilen stattfindet, eine Neuanlage
von Organen an dem ursprünglich ungegliederten Keime.) Dies Resultat ergab
sich schon aus seinen Untersuchungen über die Entwicklung des Blattes, welche
er an der Bohne verfolgte, und der Blüthe. Er erkennt, dass das Vorhanden-
sein ‘von Blattanlagen in der Knospe, auf welches die Evolutionslehre sich
stützte, denn doch nur ein eng begrenztes ist. Untersucht man nämlich eine
Knospe genauer: »donec tandem hoc modo introrsum et deorsum simul penetrando
ad substantiam plantae interiorem pervenias, humidam, succis gravidam et nulla
amplius folia fenenfem«, so gelangt man damit an die »extremitas axeos truncis
in der noch keine Gewebedifferenzirung vorhanden ist. Diese Endigung der
Stamm- oder Zweigachse nennt er Vegetationspunkt, und an ibm entspringen
Blattanlagen und Zellenzweige als spropulsiones trunci.« Damit war eine der
fundamentalen Thatsachen in der Entwicklung der Pflanze klargelegt, und der auf
unvollständigen Beobachtungen und angeblich philosophischen Betrachtungen be-
ruhenden Evolutionstheorie der Boden unter den Füssen weggezogen. Das auch
bei WoLFF sich findende, und oft in unleidlichster Weise sich geltend machende
speculative Element?) welches namentlich in dem Bestreben hervortritt die that-
sächlichen Beobachtungen als Resultat allgemeiner (aber nur auf Spekulation
gegründeter) Organisationsverháültnisse erscheinen zu lassen, kann der Bedeutung
der durch ihn klar gelegten Thatsacben keinen Eintrag thun.
Der Weg, welchen Worrr eingeschlagen hatte, blieb aber zunächst unbe-
treten, das Interesse wandte sich vor Allem der durch LINNÉ in neue Bahnen
geleiteten Systematik zu, während auch die auf der Betrachtung der fertigen
!) Die Citate im Folgenden beziehen sich auf folgende Ausgabe: Theoria generationis,
auctore D. CASPARO FRIDERICO WOLFF, editio nova Halae ad Salam, 1774. Die erste Ausgabe
der »Theorie« ist WoLrrF's berühmte Inauguraldissertation, welche am 28. Nov. 1759 ver-
theidigt wurde.
7) Man vergleiche damit was BONNET unter Epigenesis verstand (a. a. O. pag. 160)
»Epigenesis: eine Lehrmeinung derjenigen, welche keine vorher gebildeten Keime annehmen
sondern behaupten, das Thier werde in der That Stück vor Stück geboren und aneinanderge-
setzet und dies zwar mittelst der Vereinigung unterschiedlicher Partikelchen, die unter gewissen
Verhältnissen zusammenkommen.« (!)
3) Speciell gilt das vom sweeus zutritivus, welcher vermôge der vis essentialis in der Pflanze
sich bewegt. Oft ist es aber auch nur die Ausdrucksform die einen spekulativen Charakter hat.
und jedenfalls geht WIGAND (Kritik und Geschichte der Lehre von der Metamorphose der Pflanzen
1846) viel zu weit, wenn er bei ihm fast »lauter Theoriensucht und Vorurtheil« findet (a. a
pag. 47). Das Bestreben, die Entwicklung der Pflanze aus physiologischen Gesichtspunkten zu
verfolgen, welches bei WOLFF überall hervortritt, gereicht ihm meiner Ansicht nach nur zur
Ehre, so unvollkommen auch die spekulative Grundlage dieser Bestrebungen war.
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