Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 1. Hälfte)

290 Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane. 
wunderbare Formen dabei entstehen können, das zeigt z. B. die Bliithe von Cero- 
pegeia elegans. Hier hat die Blumenkrone die Form eines oben geschlossenen, 
nach unten hin in eine Röhre verschmälerten Trichters, der entstanden ist, indem 
die fünf ursprünglich freien Blumenblattanlagen an der Spitze vollständig ver- 
wachsen sind.!) Ein Insektenbesuch wäre hier unmöglich, wenn nicht an der 
Seitenwand des Trichters fünf Stücke der Blumenkrone sich von dem Gewebe- 
verband trennten und wie eine Jalousiedecke nach oben schlügen, dadurch werden 
fünf über r Centim. breite Eingánge in die Blumenkrone hergestellt, in die aber, 
da über jeden ein Dach hergespannt ist, kein Regen eindringen kann: wohl eine 
der merkwürdigsten der gerade hier so zahlreichen Anpassungen. Denn iiberall 
steht die Form der Blumenkrone in engster Beziehung zu der Insektenthitigkeit 
bei den Blüthen?, die Entwicklungsgeschichte aber zeigt, wie Blumenkronen, 
welche im fertigen Zustand auffallend von einander unterschieden sind, doch 
aus einer und derselben Anlage durch im Grunde unbedeutende Wachsthums- 
differenzen hervorgehen kónnen. Die zungenfórmigen und róhrenfórmigen Blüthen 
der Compositen z. B. sind im fertigen Zustand sehr verschieden. Ihre Anlagen 
aber stimmen vollstindig überein: fünf freie Blattanlagen, die später auf einer 
róhrenfórmigen Basis emporgehoben werden. Bei den zungenfórmig werdenden 
Blüthen aber stellt ein Punkt der Blumenkronenróhre zwischen zwei Petalis sein 
Wachsthum sehr früh ein. Indem die anderen Partien weiter wachsen, entsteht 
eine Blumenkronenróhre, welche auf einer Seite, eben von dem erwähnten Punkte 
aus, aufgeschlitzt ist. Indem sie sich spáter flach ausbreitet, erhilt man die be- 
kannte Zungenform. Solche Zungenblüthen mit fünf Zacken, welche den fünf 
Blumenblattanlagen entsprechen, finden sich z. B. bei Zu«raxacum officinale. Bei 
Calendula und in anderen Fillen sind die Strahlenblüthen dreizackig: hier bleibt 
nämlich die Partie der Blumenkronenróhre unterhalb zwei Zipfeln derselben sehr 
im Wachsthum zurück, nur die andere Hälfte entwickelt sich, in Folge davon ist 
die Fläche der Strahlblüthen nur von der Partie der Blumenkronenröhre gebildet, 
die unterhalb dreier Petalaanlagen liegt.) Von hier aus ist nur ein kleiner Schritt 
zur Bildung zweilippiger Corollen, wie sie sich in unvollkommener Form z. B. bei 
den Randblüthen von Cenfaurea Cyamus, in vollkommenerer bei der Unterab- 
theilung der Labiatifloren z. B. bei ZVassavza finden. Derselbe Vorgang, der zur 
Bildung der Zungenbliithen von Calendula führt, ist auch hier eingetreten, nur 
spáter, nachdem die Corollenróhre schon eine ziemliche Lànge erreicht hat. Dann 
ist die Partie derselben unter zwei benachbarten Zipfeln im Wachsthum zurück- 
geblieben, wáhrend die unter den drei anderen weiterwuchs, so dass eine breite 
dreispaltige Oberlippe und eine aus zwei Zipfeln bestehende Unterlippe resultiren. 
In Fillen wie der von Calendula erkennt man die zwei im Wachsthum zurückge- 
bliebenen Zipfel dagegen im fertigen Zustand kaum mehr, sie sind durch das 
Wachsthum der anderen Corollenpartien verzogen. Es braucht kaum bemerkt 
zu werden, dass es ein ähnlicher Vorgang ist, auf dem die Bildung anderer 
J) Die Verwachsung geht an der Spitze soweit, dass die letztere von einem Gewebekôrper 
gebildet wird, in welchem die Verwachsungsstellen nicht mehr erkennbar sind. 
?) Vergl. die Abhandl. von H. MULLER im 1. Bd. dieses Handbuches. 
3) Uebergangsformen zwischen Zungen- und Róhrenblüthen finden sich bei der Gartenform 
von Dahlia variabilis und in anderen Füllen vor, vergl. z. B. die Abbildungen von H. MÜLLER, 
Alpenblumen, pag. 44, fiir Senecio carzmiolicus. ls die phylogenetisch älteren dürfen wir wohl die 
Róhrenblüthen betrachten, aus denen sich ja, wie die »gefüllten« Gartenformen vieler Compo- 
siten (z. B. der erwáhnten aZ) zeigen, auch durch Kultur Zungenblüthen erzielen lassen. 
      
     
     
  
  
  
  
  
   
    
      
    
    
   
    
    
  
    
   
   
   
   
    
   
   
   
    
    
    
    
    
    
     
    
Lippen 
Blumer 
welche 
hier se 
an de: 
randun 
Staubb 
Figure: 
eigenei 
Oberlj 
sie stel 
beiden 
druck 
setzung 
Galium 
wurde. 
noch v 
Gaium 
Gründe 
Blüthei 
Corolle 
deuten 
dass d 
Fällen 
zwische 
selben 
spinosa 
Schwar 
Di 
wurde, 
wirtels 
cinthe 
auf ge 
wieder, 
dann s 
den Pr 
blattan 
gelegt 
welche: 
samme 
sollen 
moge 1 
blátter 
auch r 
= 
deutsche 
  
Schon n 
durch e 
Später a
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.