Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 1. Hälfte)

38 Die Spaltpilze. 
stoffzufuhr (durch Schiitteln im Schiittelapparate), wenn er gleichzeitig bei 36 
gezüchtet wird, bezüglich seiner infectiösen Wirksamkeit in den successiven 
Generationen eine allmähliche Abnahme erfährt. 
V. Verhalten zum Licht. 
Die bisherige Annahme, dass gegenüber dem bedeutsamen Einfluss, den die 
Wärme auf das Wachsthum und die Zersetzungsprozesse der Spaltpilze ausübt, 
das Licht für diese Organismen, infolge des Chlorophyllmangels, völlig be- 
deutungslos sei, und nur gewisse Spaltpilzprodukte, soweit sie Pigmente darstellen, 
im Licht gewisse chemische und physikalische Veränderungeu erführen,?) ist 
neuerdings von ENGELMANN?) als unhaltbar erwiesen worden. Er führte nämlich 
den Nachweis, dass bei einem gewissen Spaltpila die Schwármbewegungen 
durchaus vom Licht abhängig sind und im Dunkeln wieder erlóschen. Der 
belebende Einfluss des Lichtes beruht dabei nicht, wie bei grünen Zellen, auf 
Sauerstoffentwicklung. Er äussert sich ferner nicht momentan, sondern erst nach 
einer gewissen Zeit (Photokinetische Induction), die um so kürzer ist, je intensiver 
das Licht einwirkt aber auch im günstigsten Falle immer noch Sekunden dauert. 
Ebenso zeigte sich eine Nachwirkung des Lichts, die darin sich äussert, dass die 
Spaltpilzzellen im Dunkeln erst nach einiger Zeit ihre Bewegungen einstellen. 
Bei lange andauernder Einwirkung sehr gleichmüssigen starken Lichtes kommen 
die meisten Spaltpilzzellen zur Ruhe oder suchen weniger helle Orte auf. Plótz- 
liche Helligkeitsschwankungen (plótzliche Verdunkelung) haben zur Folge, dass 
die Zellen fast im nümlichen Moment eine Strecke weit zurückschiessen (Schreck- 
bewegung), stillstehen und dann erst wieder die gewóhnliche Bewegung aufnehmen. 
Im Sonnenspectrum ist die Ansammlung der Zellen am stirksten im Ultraroth 
(das sichtbare Roth wird gemieden), nicht ganz so intensiv im Gelb; im Grün 
ist die Ansammlung schwach und nimmt durch's Gelbgrün und Blau nach dem 
Violett hin immer mehr ab.?) — Ich selbst habe wiederholt bestimmt beobachtet, 
dass in meinen Culturen der Beggiatoa roseo-persicina, der Belag, den die Coccen- 
und Stäbchenmassen an der Wandung der Glasgefisse bildeten, sich an der dem 
Licht zugewandten Seite merklich stirker entwickelte, als an den übrigen 
Stellen. 
VI. Verhalten gegen Electricitát.^) 
Nachdem bereits Scurer die Frage nach dem Verhalten der Spaltpilze gegen 
den electrischen Strom angeregt hatte, und zu dem Ergebniss gekommen war, 
»dass em schwacher Strom genügt, um die Entwicklung der Bacterien zu hemmen, « 
nahmen CoHw und MENpELsOHN die Frage neuerdings wieder auf und erhielten 
bei ausgedehnteren Untersuchungen andere Resultate. 
I So z. B. der rothe Farbstoff des Wunderblutes (Micrococeus prodigiosus), der im Lichte 
Zersetzung erfährt, 
?) Bacterium photometricum. Ein Beitrag zur vergleichenden Physiologie des Licht- und 
Farbensinnes. Untersuchungen aus dem physiol Laborat. zu Utrecht. 1882. pag. 252 ff. 
3) In. Ermangelung eines Microspectralobjectivs kann man sich von der verschiedenen 
Empfindlichkeit der Bacterien in verschiedenen Farben des Spectrums durch gefärbte Gläser oder 
Flüssigkeiten überzeugen. 
*) Literatur: SCHIEL, Elektrotherapeutische Studien. Deutsches Archiv für klinische Medi- 
cin. 1875. Bd. 15. pag. 190-—194. COHN u. MENDELSOHN, Ueber Einwirkung des elektrischen 
Stromes auf die Vermehrung von Bacterien. (Beitr, z. Biol. Bd. IIL. Heft I. pag. 141—162.) 
     
    
   
    
   
  
  
  
  
  
   
   
   
  
  
   
  
   
   
  
   
  
  
   
   
   
  
   
   
  
   
   
  
  
  
   
   
  
  
  
  
    
    
   
  
   
   
    
    
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