Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 1. Hälfte)

40 Die Spaltpilze. 
ganze Tiefe derselben die eine Hälfte am + Pol stark sauer, die andere Hälfte 
am — Pol stark alkalisch wird, letzteres durch fixes Alkali. Die beiden, gleich 
— oder ungleich grossen Hälften stossen in der Mittellinie der Kartoffel mit 
scharfer Grenzlinie aneinander, die Grenzlinie ist neutral. 
ı5. Beide Hälften unterscheiden sich durch ihre Färbung, sowie dadurch, 
dass die saure Hälfte an Flüssigkeit verarmt, die alkalische gallertartig quillt, 
durchscheinend bräunlich und feucht erscheint. 
16. Sowohl die +, als die — Electrode verhindern die Vermehrung des Micro- 
coccus prodigiosus in ihrer Umgebung und zwar an beidén Seiten, jedoch die + 
in bei weitem stärkeren Maasse. 
Bei schwächerer Stromwirkung erscheint daher zu beiden Seiten der + Elec- 
trode ein mehr oder minder breiter, scharf begrenzter, farbloser Streifen, während 
zu beiden Seiten der — Electrode die Entwicklung des Micrococcus nur in einer 
ganz schmalen Zone unterbleibt, die übrige Fläche der alkalischen Hälfte aber 
sich mit dem rothen Ueberzuge bedeckt. 
17. Je kräftiger die Stromwirkung, desto breiter wird an beiden Elektroden 
die Zone, wo sich der Micrococcus nicht vermehren kann; bei sehr kräftigen Strömen 
entwickelt sich der Micrococcus gar nicht, die zugeführten Keime werden ge- 
tödtet und beide Kartoffelhälften mit Ausnahme der neutralen Grenzlinie für 
Micrococcus sterilisirt. 
18. Die Einwirkungen des galvanischen Stromes auf die Vermehrung des 
Micrococcus prodigiosus lassen sich auf die electrolytischen W irkungen des Stromes 
zurückführen. 
VII. Verhalten gegen chemische Stoffe. 
1. Verhalten gegen Sáuren und Alkalien.!) 
Die Vegetationszustünde der Spaltpilze lassen im Allgemeinen eine 
grosse Empfindlichkeit gegen Säuren erkennen. Manche Spaltpilze 
(wie z. B. der Milzbrandpilz) sind gänzlich unfähig selbst in sehr schwach 
sauren Lösungen zu wachsen, andere (wie der Heupilz) ertragen wenigstens 
eine bestimmte schwache Säuerung ohne Behinderung ihrer Wachsthums- und 
Zersetzungsthätigkeit. Sobald aber dieser Säuregrad überschritten wird, erfolgt 
auch hier eine Sistirung der Vegetation und der Zersetzungswirkungen, ja zu- 
letzt völlige Abtödtung. Am allerempfindlichsten zeigen sich die Vegetations- 
zustände gegen mineralische Säuren (Schwefel-, Salz-, Salpetersäure) und 
gegen die sogenannten Pflanzensäuren (Wein-, Citronensäure etc.) etwas minder 
sensibel sind sie gegen die Pilzsäuren (Butter-, Essig-, Milchsäure), die sie bei 
ihrer Vegetation selbst produciren. Doch darf auch hier eine bestimmte Grenze 
i der Concentration nicht überschritten werden, und darum ist es nóthig, der 
Anhäufung von Säuren in den Culturen frühzeitig vorzubeugen durch Zusatz 
kohlensaurer Alkalien (kohlens. Natron, kohlens. Kali, basisch phosphors. Natron) 
oder kohlensaurer alkalischer Erden (kohlens. Kalk). 
Die Thatsache, dass die Spaltpilze den Sáuren gegenüber Abneigung zeigen, 
lässt sich praktisch verwerthen, wenn es darauf ankommt, jene Pilze von Culturen 
anderer (z. B. der Hefe, der Schimmelpilze etc.) auszuschliessen (man braucht 
in diesem Falle nur eine natürlichsaure oder eine angesäuerte Nährlôsung zu 
D Literatur: BREFELD, Ueber Bacillus subtilis; Schimmelpilze, Heft IV. NXcEL1, Niedere 
Pilze; Theorie der Gührung; Untersuchungen über niedere Pilze; an verschiedenen Orten. 
BUCHNER, ebenda, Erzeugung des Milzbrandcontagiums aus den Heupilzen. 
     
   
   
    
   
   
   
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
   
  
   
    
  
  
   
  
   
  
  
  
   
  
  
  
   
  
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
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