184 Die systematische und geographische Anordnung der Phanerogamen.
Auch diese niederen Klassentypen sind in ihrer Weise mit fortgeschritten
und haben eine Weiterentwicklung ihrer Art gehabt, welche sie lebensfähig er-
halten hat.
Noch auf einen zweiten Punkt ist aufmerksam zu machen: es heisst gewôhn-
lich, dass auf die Zeit, in welcher die Farne prädominirten, die Periode des
Vorherrschens der Gymnospermen (Coniferen) gefolgt sei, dass dann die ersten
Monokotylen aufgetreten und zur grôsseren Entfaltung gelangt seien, und zum
Schluss die Dikotylen erschienen [und als jüngste, hóchste Pflanzenstufe die
Herrschaft erhielten; man erinnert sich dabei des Auftretens von Palmen noch
im Tertiär an solchen Stellen, wo jetzt nur dikotyle Bäume — wenn auch ge-
mengt mit monokotylen Kräutern — zu finden sind, und meint diesen in den
physiologischen Lebensbedürfnissen der monokotyledonen Bäume liegenden
Wechsel mit ihrer geringeren Lebens- und Anpassungsfähigkeit erklären zu
können. — Diese Darstellung könnte richtig sein, wenn folgende Stufenleiter
der Organisation bewiesen wäre:
Pteridophyten — Gymnospermen — Monokotylen — Dikotylen —;
es ist aber nur die geologische Aufeinanderfolge derartig bewiesen und es
wird daher zwar Niemand folgende Stufenleiter ohne palüontologische Stütze ver-
theidigen wollen:
Pteridophyten — Gymnospermen — Dikotylen — Monokotylen;
aber es muss die Selbstündigkeit der Mono- und Dikotylen betont werden,
welche sich in den mannigfaltigsten Zügen der Organisation beider Klassen äussert.
Es ist niemals gelungen, ein Zwischenglied aufzufinden, welches die Fortentwick-
lung der Monokotylen zu Dikotylen anschaulich machte und damit den Dikotylen
einen hóheren Rang ertheilte, sondern es scheint, dass die Monokotylen seit ihrer
Entstehung sich zu Monokotylen vollkommenerer Organisation fortentwickelt
haben, und dass die vermuthliche Abstammungsreihe, welche zugleich der System-
hóhe entsprechen soll, sich in grósster Kürze etwa so gestaltet:
fPteridophyten — unbekannte ausgestorbene Zwischenglieder — Monokotylen —
\Pteridophyten — Gymnospermen — einfache und höhere Dikotylen —
Demnach brauchen die Monokotylen nicht, weil sie die ältere Klasse in der
Erdgeschichte darstellen, die niedere zu sein, sie haben im Gegentheil den Vor-
theil des früheren Auftretens insofern für sich, als sie in ihrer längeren eigen-
artigen Entwicklung grössere Fortschritte in der Ausbildung ihrer angiospermen
Charaktere haben machen können, als die Dikotylen. Denn wenn eine pterido-
phytische Ordnung, z. B. die Rhizocarpeen, seit der jüngsten Tertiàárperiode Um-
wandlungen der Art erlitten hátte, dass sie den Angiospermen beigezählt werden,
müsste, und einen ganz neuen Stamm derselben bildete, so würde derselbe doch
wegen der Kürze seiner Entwicklung in der Blüthenorganisation weit hinter
Pflanzen wie Compositen, Papilionaceen, Umbelliferen zurückstehen müssen, da
letztere ihre Organisationshóhe nur in langen Zeiträumen durch divergente
Weiterentwicklung erreicht haben.
Ich selbst bin nicht geneigt, in den Monokotylen einen niedriger organisirten
Typus der Angiospermen zu erblicken, als in den Dikotylen, sondern in beiden
zwel ganz verschiedene Typen, von denen der der Monokotylen geologisch weiter
zurückreicht.
Die Umänderungsbedingungen für Organisation und Wohnort. —
Bei der Erwähnung der Fortentwicklung bestehender Gruppen in gegenseitiger
Concurrenz und mit dem dadurch bewirkten Untergange gewisser Formen von
Art
fol;