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Systematischer Theil. I. Abschnitt. Die Principien der natürlichen Systematik. 267
Weise bemüht, die Natur möglichst gut zum Ausdruck zu bringen. Und wenn eine strenge
Einheit bei allen Autorenihier bestände, so könnte leicht die Freiheit, die in der Natur herrscht
und sich schwer in die conventionellen engen Formen zwingen lásst, vergessen werden.
Wenn es schon als schwierig betrachtet werden musste, auch nur einiger-
maassen im gleichen systematischen Werthe die als Arten, resp. Unterarten be-
zeichneten Sippen von einander auf Grund der Gleichfórmigkeits-Prüfung abzu-
grenzen, so sind die Schwierigkeiten innerhalb der Gattung und ihrer Abstufungen
noch sehr viel grösser, wozu als Beispiel schon die Vaccinium-Arten dienen konnten.
Wie soll man die Abstufungen verschiedenen verwandtschaftlichen Grades zum
Ausdruck bringen, die sich dem scharfsichtigen Untersucher irgend einer grösseren
Sippe enthüllen? Welche davon stellen die von einander getrennten Gattungen dar,
welche nur die Sectionen einer Gattung? Es ist auch hier wiederum nur möglich,
ein durch die Lücken im System von selbst gebotenes Maass, nach der natürlichen
Auffassung des Gattungsbegriffes geregelt, durchzuführen und da, wo dieses Maass
nicht erreicht ist, den Sectionsbegriff eintreten zu lassen; ist aber das Maass nach
der natürlichen Auffassung erfüllt, steht nur noch der Abtrennung der Gattungen von
einander als ein sachlicher und formeller Grund entgegen, dass zahlreiche Ueber-
gänge in den gewählten Charakteren der einen oder anderen Artenrotte anhaften,
so bleibt immer noch — ähnlich wie beim Artbegriff — die »Untergattung«, das
Subgenus, als praktischer und von der Natur gebotener Ausweg übrig.
Eine bedeutungsvolle Regel ist für die Aufstellung der Gattungen schon von
P. DE CANDOLLE!) angegeben; sie ist in den meisten Ordnungen älterer Bearbeitung
durchgeführt und kann, mit Maass und Umsicht in den Naturverhältnissen an-
gewendet, viel Nutzen stiften. Es sollen sich nämlich die Charaktere der einzelnen
Gattungen auf Merkmale von unter sich gleichem Werthe stützen; wenn demnach
in einer Ordnung ein Merkmal dazu benutzt ist, um eine Reihe von Gattungen
abzugrenzen, so muss es auch diese Bedeutung in analogen Fällen beibehalten,
indem man aus einer hinsichtlich dieses einen Merkmals ungleichförmigen Gattung
diejenigen Arten ausscheidet, welche darin ungleichförmig sind; oder anderseits,
wenn man diese in jener Gattung belassen will, muss man den besagten Charakter
nicht für eine Stütze generischer Abtrennungen erklären. Entweder also sagt man,
der »Pappus plumosus« oder »Pappus pilosus« (mit welchem Namen der auf dem
Germen inferum stehende Haarkranz vom morphologischen Range des Kelches,
bestehend aus einfachen oder federig zusammengesetzten Haarborsten, bezeichnet
wird, siehe Fig. 7, pag. 242) sei schon für sich allein Grund zur Unterscheidung
der Gattungen in einzelnen Tribus der Compositen (wie z. B. bei den Distel-
Gattungen Carduus und Cirsium, und alsdann dürfen in dieser Tribus keine
Gattungen mit haarigem und federigem Pappus zugleich enthalten sein; oder das
letztere ist gestattet, dann ist aber auch der Pappus plumosus oder pilosus als
einzige Gattungsunterscheidung hinfállig. Sehr unrecht würde natürlich eine
Uebertreibung dieser Regel sein, derart, dass man die Abtrennungen in der einen
Ordnung nach denen einer ganz anderen modelliren wollte: was als Gattungs-
charakter in der einen von Werth ist, ist es längst nicht überall, und das, was
Werth hat, ist in jedem einzelnen Falle zu prüfen.
Die Blüthenfarbe ist in den meisten Ordnungen ein Charakter von untergeordnetem Werth;
dass gelbe, rothe und weisse Rosen (keine blaue!) untermischt in der Gattung Aosz vorkommen,
ist nicht befremdend. Dagegen sind die natürlichen Gattungen der Umbelliferen und vieler
Cruciferen fast scharf nach dem Auftreten von weisser oder gelber Blüthenfarbe geschieden.
1) Théorie élémentaire de la Botanique, pag. 218.