Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Hälfte)

274 Die systematische und geographische Anordnung der Phanerogamen. 
sich schon selten im Reich der Dikotylen beisammen. Nun kommt dazu die Uebergangsbildung 
von fruchtbaren Staminen zu Nectarien und voll entwickelten Petalen, welche oben (pag. 249) 
besprochen wurde; sie lässt sich nur bedingungsweise im Ordnungscharakter wegen ihrer zu 
starken Variabilität ausdrücken, ist aber gleichwohl ein starker Grundzug zu ihm. Damit geht 
die geringe Entwicklung des Kelches Hand in Hand, welche wiederum die Ranunculaceen vor 
allen. verwandten Ordnungen auszeichnet. Das sind die der Natur abgelauschten natürlichen 
Charakterzüge der Ranunculaceen, die sich vom Phytographen nur schwer in knappe Formen 
einkleiden lassen. 
Dass die Ordnungen etwas wirklich Verschiedenes sind und jede als eigenes 
Object studirt sein wollen, zeigt sich am deutlichsten darin, dass ein Charakter 
von grossem Werth in der einen Ordnung darum noch nicht einen solchen in 
einer andern Ordnung zu besitzen braucht. So z. B. die Verwachsung der Corolle, 
welche in vielen dikotylen Ordnungen ein Merkmal ersten Ranges ist (2; 3B. 
Labiatifloren und Verwandte), wihrend sie in anderen nur Unterordnungen trennt 
(z. B. in den Ericaceen die Pyrolaceen, Monotropeen), oder gar zuweilen als 
Gattungseigenthümlichkeit auftritt (Correa unter den choripetalen Diosmeen); bei 
den Monokotylen gar ist die Corollenverwachsung überhaupt nicht ein Merkmal 
ersten Ranges und geht z. B. in der Gruppe der ZZiazAae (bei Liliaceen, Smilaceen 
etc.) bunt durcheinander. 
Während nun also in alten Zeiten die Systematik, welche mit Rücksicht auf 
ihre damalige Methode die »künstliche« genannt wird, zumal ein Zusammen- 
stellen der Gruppen hóheren Ranges nach treffenden Eintheilungsgründen 
suchte, um die Pflanzenwelt in schablonenmüssige Rubriken zu bringen, in denen 
sie auch um so leichter und sicherer wieder aufgefunden werden konnten, sucht 
die »natüriche« Systematik der Gegenwart den Zusammenhang in der gene- 
tischen Entwicklung und nimmt die Natur so wie sie ist. Jndem nun in dieser 
Ordnung der eine, in jener ein ganz anderer Grundton herrscht, kann von 
einem obersten Eintheilungsprincip aller Ordnungen überhaupt keine Rede sein, 
sondern nur von einem Anwenden der für jede einzelne Ordnung als richtig er- 
kannten Behandlungsweise. Nach künstlichen Methoden kann man daher leicht 
die in schablonenmissige Rubriken zusammengestellten Gattungen und Arten 
»bestimmen«; nur nach der natürlichen Methode kann man die Natur kennen 
lernen, was besonders für die mit der Bezeichnung »O4/mes naturaless be- 
zeichneten Sippen hóheren Ranges gilt. — 
Sowohl für die in eine solche Ordnung hineingehórenden Formenkreise als 
auch besonders für die Verbindung der nächst verwandten Ordnungen zu Klassen 
und dieser wiederum zu Abtheilungen besteht als Hauptanstoss für einen raschen 
und sicheren Fortschritt die Verwechslung von »Aehnlichkeit repräsentativer Art« 
und wirklicher »Verwandtschaft«, auch wenn letztere nur im morphologisch-phylo- 
genetischen Sinne gemeint ist. Ein Beispiel wird sogleich zeigen, worauf es an- 
kommt: Die Ranunculaceen haben Ovaria oo apocarpa, die Alismaceen ebenso; 
die eine Ordnung ist dikotyl, die andere monokotyl, das hindert aber nicht die 
grôsste äusserliche Aehnlichkeit zwischen Ranunculus Flammula und Alisma 
ranunculoides im Fruchtzustande, wo Kelch und Corolle abgefallen sind. In 
diesem Falle kann nun ein wirklicher Irrthum nicht entstehen, weil die ver- 
schiedene Structur des Samens und Embryos allein schon die grosse Differenz 
zeigt; wir können uns figürlich etwa so ausdrücken, dass die Anordnung der 
Ovarien bei den Ranunculaceen im monokotylen Reiche durch die Alismaceen 
»repräsentirt« wird; eine Verwandtschaft beider darf sich nie darauf begründen. 
Wenn nun aber in solchen Gruppen derselben Reiche, wo die Möglichkeit 
         
   
   
   
   
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
    
  
  
  
  
  
   
  
   
   
   
   
   
     
    
   
  
  
  
  
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