Die Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle.
Einleitung.
Betrachtet man ein beliebiges parenchymatisches Gewebe einer hóheren
Pflanze oder eine Fadenalge, wie z. B. Spirogyra, unter dem Mikroskop, so wird
man nicht darüber in Zweifel sein können, dass dieselben in Organe oder Orga-
nismen von gewisser Individualität gegliedert sind. Diese Elementarorganismen
sind es nun, die jetzt allgemein als Zellen bezeichnet werden. Allerdings hat
diese Bezeichnungsweise, die schon im Jahre 1667 von ROBERT Ho0KE*) einge-
führt wurde und bekanntlich von dem Vergleich mit den Zellen eines Bienenstockes
herrührzt, in neuerer Zeit mehrfach Anstoss erregt, da die Zelle immer mehr als
hochdifferenzirter Organismus erkannt wurde, während das Wort »Zelle« (cellula)
wörtlich übersetzt, natürlich nichts anderes als Kämmerlein bedeutet. Man hat
es sogar versucht, dasselbe durch neugebildete Worte zu ersetzen, so hat z. B.
HAcKEL für Zelle das Wort »Plastide« einführen wollen. Da sich jedoch das
Wort »Zelle« nun einmal so vollständig eingebürgert hat, dass es jetzt wohl
Niemandem mehr einfallen wird, bei demselben an eine mit Luft erfüllte Kammer
oder eine Bienenzelle zu denken, scheint dies gänzlich überflüssig, und es sind
denn auch in der That alle Versuche, die das Wort Zelle zu verdrängen be-
zweckten, gänzlich gescheitert.
Berücksichtigt man nun ausschliesslich die bereits erwähnten einfachsten
Fälle, so dürfte es auch überflüssig erscheinen, eine genauere Definition des Be-
griffes »Zelle« zu geben; dieselbe wird aber nothwendig, wenn man eine Anzahl
von Fällen mit in die Betrachtung zieht, bei denen die Gleichwerthigkeit der in
Frage kommenden Gebilde mit den typischen Zellen angezweifelt werden kann
und auch in der That angezweifelt wurde. Um auch für diese Fälle Anhalts-
punkte zu gewinnen, scheint es mir zweckmüssig, zunüchst die Frage zu erörtern,
aus welchen Bestandtheilen die Zellen bestehen und welche für die Entwicklungs-
fáhigkeit derselben nothwendig sind. In dieser Hinsicht treten nun an den
bereits erwáhnten typischen Zellen vor allem 3 Bestandtheile sofort hervor:
1. Die feste Cellulose-Membran, die die Zelle nach aussen hin ab-
schliesst.
2. Der Plasmakórper, der als ebenfalls ununterbrochener, aber mehr
flüssiger Schlauch der Membran unmittelbar anliegt und zahlreiche sehr ver-
schiedenartige Einschlüsse enthált, von denen jedoch nur der dem Plasmakórper
stofflich jedenfalls sehr nahe stehende Zellkern eine allgemeine Verbreitung zu
besitzen scheint.
3. Die mit Zellsaft erfüllten Vacuolen.
Diese 3 Theile sind nun aber von sehr ungleicher Dignitát für die Zelle,
indem sowohl die Membran, als auch der Zellsaft bei verschiedenen Pflanzen-
zellen fehlen, die sich trotzdem in normaler Weise fortzuentwickeln vermógen.
So haben wir in den Schwürmsporen, die von vielen Algen und Pilzen entwickelt
werden, Zellen vor uns, die aus der Membran frei heraustreten und ohne jede
Zellmembran sich verschieden lange Zeit frei im Wasser bewegen und meist erst,
wenn sie zur Ruhe gekommen sind, mit einer Membran umgeben.
1) cf. DARAPSKY (5). In der Arbeit des genannten Autors findet sich die geschichtliche
Entwicklung der gesammten Zellentheorie, auf die ich an dieser Stelle verweisen móchte, da mir
ein specielles Eingehen auf dieses Thema nicht geboten erscheint. Man vergl. darüber auch
Sacus (I. 235 seq.).
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