692 Die Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle.
die bei verschiedenen Pflanzen nach dem Eintragen derselben in eine verdünnte
Lósung von Methylenblau beobachtet werden (cf. pag. 687).
Dass dieser Niederschlag mit der Aggregation direkt nicht zusammenhängt,
geht übrigens auch daraus hervor, dass derselbe unterbleibt, wenn der Reiz auf
die Drüsenhaare durch Eiweiss oder durch sehr verdünnte Lösungen von Ammo-
niumcarbonat ausgeübt wird.
Kapitel 6.
Mechanik der Zelle.
Nachdem wir bereits das osmotische Verhalten der Zellmembran und
des Cytoplasmas kennen gelernt haben, ist es nun leicht, einen Einblick in die
Mechanik der Pflanzenzelle zu gewinnen. Es leuchtet sofort ein, dass
zwischen dieser und dem von PFEFFER zu seinen osmotischen Untersuchungen
benutzten Apparate eine grosse Uebereinstimmung besteht; und zwar entspricht
dem Thoncylinder des PrerreRr’schen Apparates in der Pflanzenzelle die Cellulose-
membran, da beide bei grosser Festigkeit durch leichte Permeabilitát ausge-
zeichnet sind. Ferner wird die Niederschlagsmembran des Prerrer’schen Appa-
rates in der Zelle durch den Plasmakórper, resp. die beiden denselben
begrenzenden Plasmamembranen, die, wie jene, allein für die Stoffaufnahme und
Stoffabgabe ausschlaggebend sind, reprásentirt. Endlich wirkt sowohl der Inhalt
des PrEFFER'schen Apparates wie der in der Zelle enthaltene Zellsaft wesentlich
durch seine wasseranziehende Kraft.
Da nun die Zellmembran, wie wir sahen, grosse Spannungen ohne Zer-
reissung auszuhalten vermag, und auf der anderen Seite die Plasmamembran
vielen Stoffen gegenüber durch grosse Impermeabilitàt ausgezeichnet ist, so
leuchtet es ein, dass, wenn im Zellsaft Stoffe von hoher osmotischer Wirksamkeit
enthalten sind, auch ein hoher hydrostatischer Druck innerhalb der Zellen zu
Stande kommen kann. So ist denn auch in der That in den meisten — viel-
leicht in allen lebenden Pflanzenzellen, wenn dieselben mit genügenden Wasser-
mengen in Berührung stehen — ein den Atmosphárendruck mehr oder weniger
übersteigender hydrostatischer Druck vorhanden, der bei den verschiedensten
Lebenserscheinungen der Pflanzen eine Rolle spielt und allgemein als T urgor
bezeichnet wird.
Da nun die Grósse der Turgorkraft — die Impermeabilitit der Plasma.
membran: für die in Frage kommenden Stoffe vorausgesetzt — lediglich von der
wasseranziehenden Kraft des Zellsaftes abhängt, so muss man den Turgor offen-
bar vollkommen aufheben können, wenn. man eine beliebige Zelle in eine
Flüssigkeit einträgt, die eine gleich grosse Anziehung auf das Wasser ausübt, wie
der in jener enthaltene Zellsaft. In diesem Falle ist dann also die Spannung
der Membran vollkommen verschwunden, und der Plasmakörper liegt dieser nur
noch lose an. Wird dann aber die Concentration der Aussenflüssigkeit noch mehr
gesteigert, so muss sich offenbar der Plasmakörper von der Zellmembran loslösen,
und er kann sich sogar innerhalb derselben bei genügender Concentration der
umgebenden Lösung vollkommen zur Kugel abrunden oder
streckten Zellen in mehrere kugelförmige Körper zerfallen.
Man kann nun eine solche Aufhebung des Turgors, die auf Vorschlag von
H. DE VRIES gewöhnlich als Plasmolyse bezeichnet wird, durch
schiedenartigsten unschädlichen wasseranziehenden Flüssigkeiten
auch bei langge-
die ver-
bewirken, am