Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 4. Band)

2 Die fossilen Pflanzenreste. 
Pflanzenreste einen Platz in Hand- und Lehrbüchern der Botanik anzuweisen. 
Es wird dem botanischen Theile der Palaeontologie selbst der grösste Gewinn 
erwachsen, wenn ihm von Seiten der Botaniker eine grössere Aufmerksamkeit wie 
bisher geschenkt wird. 
Als Begründer der Phytopalaeontologie muss BRONGNIART angesehen werden, 
ihren weiteren Ausbau in der von BRONGNIART angebahnten und bis zu seinem 
Lebensende verfolgten Richtung fortgeführt zu haben, ist das Verdienst 
GöppERT’s, UNGER’s, sodann ETTINHAUSEN’S, ScurMPER's, WILLIAMSON's, SAPORTA'S, 
Hrer’s, RENAULT's, Srum's, SOLMS’, und schliesslich darf ich wohl meiner selbst 
gedenken.?) 
Erhaltung der Pflanzenreste. 
Frügt man zunüchst, welche Theile untergegangener Vegetationsformen er- 
halten wurden, so sind es ziemlich alle Glieder des Pflanzenkórpers, welche den 
verschiedenen, auf sie wirkenden Einflüssen Widerstand leistend, auf uns gekommen 
sind: Wurzeln, Stammorgane, die verschiedenen Blattformen incl. der Blüthen- 
theile, Früchte, im Allgemeinen um so sicherer und reichlicher als zunüchst ihr 
Bau, in weiterer Folge die Beschaffenheit der Gesteine, dann die Vorgänge während 
des und nach dem Einschlusse es gestatteten. Dass gegenüber den Einwirkungen, 
welchen die Pflanzen bei ihrem Untergange ausgesetzt waren, alle Theile des 
Pflanzenkörpers, welche in ihrem Baue durch die Entwicklung der mechanischen 
Strukturelemente bevorzugt waren, hinsichtlich ihrer Erhaltung im Vortheil waren, 
ist ohne weitere Auseinandersetzung verständlich, wie auch, dass jene Gewebe, 
welche in anderer Funktion thätig waren, hinsichtlich ihrer Widerstandsfähigkeit 
den mechanischen Gewebeelementen gleich oder nahestehend für die Erhaltung 
gleich günstige Bedingungen boten. Belege dafür sind die fossilen Stämme aller 
Art, welche z. Th. die Bezeichnung versteinerte Wälder führen; die zahlreichen fos- 
silen Blätter, deren Erhaltung wesentlich durch die Cuticula und Cuticularschichten 
der Epidermis bedingt ist. Im Allgemeinen darf es deshalb nicht überraschen, 
dass Stammtheile, Bastgewebe, Frucht- und Samenschalen, Cuticularbildungen, 
derbwandige Epidermisbildungen, verkalkte oder verkieselte Gewebe häufiger sich 
erhielten, als solche Theile, deren Gewebe aus dünnwandigen Elementen be- 
standen, wie Blüthen, Bildungsgewebe, parenchymatische Gewebe. Indess auch 
solche Gewebe konnten sich zum Theile unter gewissen äusseren Einwirkungen, 
je nach den bei der Fossilifikation stattfindenden Vorgängen in zuweilen wunder- 
barer Schónheit erhalten. 
Die pflanzlichen Reste, wie sie auf uns gekommen sind, geben in den 
seltensten Fällen ein vollständiges Bild einer untergegangenen Pflanzenform, weil 
selten im Zusammenhange erhalten. In überwiegender Mehrzahl liegen die Reste 
zertrümmert, ohne Zusammenhang, Verschiedenes vermengt vor und sind wir ge- 
nóthigt, auf etwa nachweisbare, verwandtschaftliche Beziehungen zu noch lebenden 
Pflanzenformen gestützt, einen Zusammenhang herzustellen, ein nicht immer er- 
folgreiches Verfahren. Am wenigsten lässt sich ein günstiges Resultat erwarten, 
wenn Zusammenvorkommendes ohne Weiteres als zusammengehörig betrachtet 
wird. Wenn zwei oder mehr verschiedene Pflanzentheile zusammen vorkommen, 
  
1) Aus der Literatur erwihne ich nur: BRONGNIART, tableau des genres des plantes fos- 
siles; histoire des végétaux fossiles; RENAULT, Cours de Botanique fossile. Tom. I—IV; 
Paris 1881— 1885, Graf zu SOLMS-LAUBACH, Einleitung in die Phytopalaeontologie. Leipzig 1887, 
mit reicher Literaturangabe. 
        
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
   
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